Musik, die das Ganze untermalt.
Lhass war nun frei – befreit von den Ketten der Unterwelt, und doch wanderte er dorthin, wo kein Dahthírī je hätte sein sollen. Man sagt, Freiheit sei der Atem der Seele. Und doch atmete er – aber es war, als würde die Luft zu Eis, noch bevor sie sein Herz erreichte. Die Mauern waren gefallen, die Fesseln zerbrochen, und dennoch trug er die Kälte in sich – nicht die, die schneidet, sondern die, die langsam kriecht, sich still in das Mark frisst und nie wieder weicht.
Kein Lied regte sich mehr in seiner Brust. Selbst das Feuer der Rache war zu Eis erstarrt. Die Namen, die er einst im Hass geflüstert hatte, schmeckten nur noch nach Asche – schwerelos, leer, bedeutungslos. Die Frau, die er vernichten wollte, brauchte seine Klinge nicht mehr. Ihr Fall hatte längst begonnen. Sie zerfiel vor aller Augen, und es gab keine Genugtuung darin.
Je mehr er das Land darüber durchstreifte, desto klarer erkannte er: Er war nicht allein mit diesem Frost. Er schlich sich in Blicke, in Bewegungen. Wenige redeten noch. Noch weniger hörten zu. Gespräche waren flach geworden, bedeutungslos. Dieselben leeren Phrasen, die in längst abgestandenen Betten endeten. Fleisch suchte Fleisch, nicht Nähe. Macht spielte mit sich selbst und vergaß, warum. Und um ihn herum – nur Masken. Aufgesetzte Höflichkeit, leere Freundlichkeiten, in Seide gehüllt und an Rituale gebunden.
Selbst die Lauten, die einst wie Flammen aufflackerten – nun waren sie blasse Glut. Ihre Wärme war flüchtig, oft erstickt durch geplante Zusammenkünfte und starre Abläufe. Spontaneität war unerwünscht geworden. Leidenschaft unbequem.
Einst war er ein Spion gewesen – still, wachsam, geduldig. Doch inzwischen führten alle Spuren zurück in dieselbe Sackgasse. Andere Gesichter. Dasselbe Spiel. Die Frau, die er einst jagte, verschwendete sich nun an Rivvil. Suchte Nähe, die nie warm war. Wandelte ihre Gunst wie eine gelangweilte Matrone, die alte Stoffe sortiert. Keine Herausforderung. Kein Biss. Nur Kontrolle hinter Vorhängen, beflüstert, als ob Lolth selbst durch sie schaute.
Und dann war da Sorum – ein Name wie ein Seidenfaden. Weich im Griff, doch tödlich, wenn man daran zieht. Seine Fäden zogen sich durch jedes sogenannte Haus. Doch in Wahrheit gab es nur eines: Filifar. Der Rest? Bloße Kulisse. Aufwendig inszenierte Fallen für die Naiven. Eine Akademie, nicht zum Lehren geschaffen, sondern um stumpf zu machen. Ehrgeiz wird langsam erstickt – unter dem erdrückenden Gewicht der Ordnung.
Und anderswo sah es kaum besser aus. Ach, wie dreist dieser kleine Spion doch war... spazierte sogar durch Elfenlande oder durch jene Stadt, in der die Paladine ihre Nester bauen.
Auch Cressen hatte sich verändert. Einst ein Ort voller Versprechen – nun ein Mausoleum mit offenem Tor. Er hatte viele kommen sehen – ehrgeizig, hungrig. Und er hatte sie gehen sehen. Einige voller Wut. Die meisten schweigend. Zerrieben zwischen Regeln und Kleinkram.
Ein paar blieben dennoch. Kleine Funken in der Dunkelheit. Rebellisch vielleicht. Leise. Manchmal lachten sie – nicht fröhlich, sondern trotzig. Es war ein Klang, den er fast wiedererkannte. Doch auch sie würden fallen. Er wusste es. Wenn Wärme aufflammt, schlägt dieser Kontinent zu – mit dem Gewicht tausender schweigender Götter.
Und so hört Lhass zu. Er beobachtet. Er wartet. Vielleicht aus Gewohnheit. Vielleicht aus törichter Hoffnung, dass noch einmal etwas in ihm erwacht. Ein Name. Ein Ziel. Eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.
Oder vielleicht ist es nur das Alter. Das langsame Verblassen allen Geschmacks. Eine Seele, brüchig geworden von zu vielen Wintern.
Und irgendwo in dieser Stille...
flüstert etwas.