Die eisige Stille des Nordens
Die eisige Stille des Nordens
Die Luft im Norden war nicht bloß kalt – sie war ein beißender, stählerner Griff, der jeden Atemzug auf der Zunge gefrieren ließ. Die Nebelschwaden waberten nicht einfach nur, sondern krochen als schwere, bleierne Schleier über die eiskalte, erstarrte Landschaft, die selbst unter dem Gewicht des Himmels zu ächzen schien. Es war eine Stille, die so dicht und unnatürlich war, dass sie in den Ohren schmerzte, eine Stille, die tief und unheilvoll trog. Selbst die sonst widerstandsfähigen Tiere des Nordens verhielten sich auffällig geduckt und scheu, verbargen sich tiefer in ihren Bauen und brachen ihre gewohnten Pfade ab.
Dort, wo vor Kurzem Grimlas Spross – eine Kreatur von mythischer Reinheit – ihr Leben aushauchte, waren die Spuren des Frevels noch immer grausam deutlich sichtbar. Der Schnee, der sonst so blendend, makellos weiß die Ebene bedeckte, war nicht nur benetzt, sondern durchtränkt und tiefrot getränkt vom dunklen, geronnenen Blut der heiligen Kreatur. Es war ein blutiges Mahnmal mitten in der Unschuld der Natur.
Diejenigen, die empfänglich für die tiefen Herzschläge der Natur und ihre uralten Kräfte waren, spürten es nicht nur als Ahnung, sondern als einen nagenden, zerreißenden Schmerz in der Seele, sobald ihre Füße den Boden des Nordens berührten. Doch die Störung reichte weiter: Auf der gesamten Insel und selbst an ihren entferntesten Küsten war das Beben zu spüren. Die Natur war nicht nur im Aufruhr – sie war aus den Fugen geraten, ihr Gleichgewicht gestört.
Sollte ein Naturmagier an dieser frevelhaften, abscheulichen Tat beteiligt gewesen sein, so würde er die Konsequenz besonders deutlich spüren: Seine tiefe, vitale Verbindung zu den Naturgeistern und zur Natur selbst war brüchig, fast durchtrennt. Fortan würde es ihm immense Anstrengung und quälende Mühe kosten, auch nur den leisesten Kontakt wiederherzustellen.
Und während die eisige Stille herrschte, mochten gelegentliche Besucher des Nordens eine flüchtige, kaum merkliche Bewegung im Schnee wahrnehmen, die gegen jede Logik verstieß. Kein lebendes, irdisches Wesen schien diese ausgelöst zu haben. Es war lediglich der ätherische, schimmernde Umriss einer geisterhaften Hirschkuh, die als leuchtendes Trugbild still und unhörbar über die blutbefleckte Ebene zu wandeln schien, eine schattenhafte Wächterin des verlorenen Gleichgewichts….
Dort, wo vor Kurzem Grimlas Spross – eine Kreatur von mythischer Reinheit – ihr Leben aushauchte, waren die Spuren des Frevels noch immer grausam deutlich sichtbar. Der Schnee, der sonst so blendend, makellos weiß die Ebene bedeckte, war nicht nur benetzt, sondern durchtränkt und tiefrot getränkt vom dunklen, geronnenen Blut der heiligen Kreatur. Es war ein blutiges Mahnmal mitten in der Unschuld der Natur.
Diejenigen, die empfänglich für die tiefen Herzschläge der Natur und ihre uralten Kräfte waren, spürten es nicht nur als Ahnung, sondern als einen nagenden, zerreißenden Schmerz in der Seele, sobald ihre Füße den Boden des Nordens berührten. Doch die Störung reichte weiter: Auf der gesamten Insel und selbst an ihren entferntesten Küsten war das Beben zu spüren. Die Natur war nicht nur im Aufruhr – sie war aus den Fugen geraten, ihr Gleichgewicht gestört.
Sollte ein Naturmagier an dieser frevelhaften, abscheulichen Tat beteiligt gewesen sein, so würde er die Konsequenz besonders deutlich spüren: Seine tiefe, vitale Verbindung zu den Naturgeistern und zur Natur selbst war brüchig, fast durchtrennt. Fortan würde es ihm immense Anstrengung und quälende Mühe kosten, auch nur den leisesten Kontakt wiederherzustellen.
Und während die eisige Stille herrschte, mochten gelegentliche Besucher des Nordens eine flüchtige, kaum merkliche Bewegung im Schnee wahrnehmen, die gegen jede Logik verstieß. Kein lebendes, irdisches Wesen schien diese ausgelöst zu haben. Es war lediglich der ätherische, schimmernde Umriss einer geisterhaften Hirschkuh, die als leuchtendes Trugbild still und unhörbar über die blutbefleckte Ebene zu wandeln schien, eine schattenhafte Wächterin des verlorenen Gleichgewichts….
- Shira'niryn
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Re: Die eisige Stille des Nordens
Nach und nach tauchten die Wälder sich von einem satten Grün in einen herbstlichen roten bis goldenen Ton, als würde den ganzen Tag über eine satte Abendsonne die Wipfel streichen und die Blütenschwinge fühlte den nahenden winterlichen Schlaf, der auch in ihr den Wunsch weckte, sich ein Nest zu suchen, wo sie sich den Winter über einrollen konnte... nachdem sie ausreichend gegessen hatte. Dieser Hunger!
Mit einem kleinen, unzufriedenen Murren hockte sie auf einem tiefer hängenden Ast eines kräftigen Walnussbaumes, während sie einen Hasen beobachtete, der flink durch das Unterholz huschte. Ein Zucken in ihrem Inneren, ein unterdrückter Jagdinstinkt und ein abwägen, ob diese Jagd eine gute war, bis sie etwas aus den Gedanken riss.
Verlust.
Das nächste Zittern, welches durch den perlmuttgeschuppten Leib der Blütenschwinge ging, war nicht geboren aus einem unterdrückten Instinkt, sondern vielmehr aus einer unguten Ahnung, die sich an die Oberfläche kämpfte. Sie war eins mit dem Faer, eins mit der urtümlichen Kraft, die alles Leben verband und sie spürte diesen... Missklang. Ein Missklang in einem alten, sonst so reinen und harmonischen Lied. Ein Klang, getragen von Schmerzen, tief unter der Haut dieses Kontinents.
»Etwas ist passiert.«
Die Nachricht, die sie dem grummeligen Drachenmagier übermittelte, war knapp und doch geprägt von einer gewissen Sorge, die sich aus ihrem Inneren an die Oberfläche kroch. Hastig drückte sie sich vom dicken Walnussast ab, um in möglichst kurzer Zeit den gesamten Feenwald einmal abgesucht zu haben. Vergessen war der Hunger und der Jagdtrieb, vertrieben von der keimenden Sorge, dem losen Faden, der sich im Nichts verlor, als wäre etwas abgeschnitten worden. Sie fand nichts. Zum Glück, aber sie hatte es fast schon vermutet, denn der Schmerz kam aus einer anderen Richtung... und doch musste sie sichergehen. Sichergehen, dass nicht wieder der Feenwald, IHR Wald das Zentrum einer Katastrophe war.
Norden.
Sie musste nachsehen, was dort geschehen war und doch hatte sie vorher noch etwas anderes zu tun. Mit kleinen spitzen Zähnchen hatte sie das lose Stückchen Stoff von einem wachhabenden Elfen abgeschnorrt und dann ging das Geflatter so richtig los. Sie huschte zwischen dem Turm der Gemeinschaft im Dschungel, Caladlorn und der Druidenmühle in Solgard hin und her, bis der Stofffetzen in ihrem Maul immer praller wurde, gefüllt mit allerlei Kleinigkeiten, so viele, dass sie ihn zwischendrin abladen musste. Zu viel gab es in diesem Moment sicherlich nicht!
Nach einer kleinen Ewigkeit erreichte die Blütenschwinge schließlich den Ort ihrer Wiedergeburt, die Feenwiese im Zentrum des Feenwaldes, wo sie, wie so oft, kleine Gaben in der Mitte des Steinkreises hinterließ. Auch wenn sie dieses Mal reichhaltiger ausfielen. Weizen, Heu, Beeren, Äpfel, Sonnenblumenkerne, Hasel- und Walnüsse, sowie kleine Samen, die mit scharfen Klauen in der Erde vergraben wurden. Dieses Mal nicht nur als kleine Hilfe für den nahenden Winter, sondern auch um ihr Mitleid gegenüber der Natur irgendwie zum Ausdruck zu bringen. Von Wehmütigkeit geprägt verharrte sie eine Weile an der mit Moos und Ranken überwucherten Stelle, lauschte dem trägen Rascheln der Blätter im Wind, fühlte den immer kälter werdenden Herbstwind auf ihrem Schuppengeflecht. Es roch nach feuchter Erde, frischem Obst und doch... war da dieser lose Faden, der sich verlor, als würde etwas fehlen.
Was war nur im Norden passiert?
Vielleicht sollte sie nachsehen gehen.
Vorerst fühlte sie sich in ihrer ursprünglichen Gestalt wesentlich wohler. Hier war sie näher am Faer, näher an ihrem Ursprung und so konnte sie wenigstens diesen Verlust ein wenig besser ertragen, der sich unerklärlicherweise in ihr festgefressen hatte.
Mit einem kleinen, unzufriedenen Murren hockte sie auf einem tiefer hängenden Ast eines kräftigen Walnussbaumes, während sie einen Hasen beobachtete, der flink durch das Unterholz huschte. Ein Zucken in ihrem Inneren, ein unterdrückter Jagdinstinkt und ein abwägen, ob diese Jagd eine gute war, bis sie etwas aus den Gedanken riss.
Verlust.
Das nächste Zittern, welches durch den perlmuttgeschuppten Leib der Blütenschwinge ging, war nicht geboren aus einem unterdrückten Instinkt, sondern vielmehr aus einer unguten Ahnung, die sich an die Oberfläche kämpfte. Sie war eins mit dem Faer, eins mit der urtümlichen Kraft, die alles Leben verband und sie spürte diesen... Missklang. Ein Missklang in einem alten, sonst so reinen und harmonischen Lied. Ein Klang, getragen von Schmerzen, tief unter der Haut dieses Kontinents.
»Etwas ist passiert.«
Die Nachricht, die sie dem grummeligen Drachenmagier übermittelte, war knapp und doch geprägt von einer gewissen Sorge, die sich aus ihrem Inneren an die Oberfläche kroch. Hastig drückte sie sich vom dicken Walnussast ab, um in möglichst kurzer Zeit den gesamten Feenwald einmal abgesucht zu haben. Vergessen war der Hunger und der Jagdtrieb, vertrieben von der keimenden Sorge, dem losen Faden, der sich im Nichts verlor, als wäre etwas abgeschnitten worden. Sie fand nichts. Zum Glück, aber sie hatte es fast schon vermutet, denn der Schmerz kam aus einer anderen Richtung... und doch musste sie sichergehen. Sichergehen, dass nicht wieder der Feenwald, IHR Wald das Zentrum einer Katastrophe war.
Norden.
Sie musste nachsehen, was dort geschehen war und doch hatte sie vorher noch etwas anderes zu tun. Mit kleinen spitzen Zähnchen hatte sie das lose Stückchen Stoff von einem wachhabenden Elfen abgeschnorrt und dann ging das Geflatter so richtig los. Sie huschte zwischen dem Turm der Gemeinschaft im Dschungel, Caladlorn und der Druidenmühle in Solgard hin und her, bis der Stofffetzen in ihrem Maul immer praller wurde, gefüllt mit allerlei Kleinigkeiten, so viele, dass sie ihn zwischendrin abladen musste. Zu viel gab es in diesem Moment sicherlich nicht!

Nach einer kleinen Ewigkeit erreichte die Blütenschwinge schließlich den Ort ihrer Wiedergeburt, die Feenwiese im Zentrum des Feenwaldes, wo sie, wie so oft, kleine Gaben in der Mitte des Steinkreises hinterließ. Auch wenn sie dieses Mal reichhaltiger ausfielen. Weizen, Heu, Beeren, Äpfel, Sonnenblumenkerne, Hasel- und Walnüsse, sowie kleine Samen, die mit scharfen Klauen in der Erde vergraben wurden. Dieses Mal nicht nur als kleine Hilfe für den nahenden Winter, sondern auch um ihr Mitleid gegenüber der Natur irgendwie zum Ausdruck zu bringen. Von Wehmütigkeit geprägt verharrte sie eine Weile an der mit Moos und Ranken überwucherten Stelle, lauschte dem trägen Rascheln der Blätter im Wind, fühlte den immer kälter werdenden Herbstwind auf ihrem Schuppengeflecht. Es roch nach feuchter Erde, frischem Obst und doch... war da dieser lose Faden, der sich verlor, als würde etwas fehlen.
Was war nur im Norden passiert?
Vielleicht sollte sie nachsehen gehen.
Vorerst fühlte sie sich in ihrer ursprünglichen Gestalt wesentlich wohler. Hier war sie näher am Faer, näher an ihrem Ursprung und so konnte sie wenigstens diesen Verlust ein wenig besser ertragen, der sich unerklärlicherweise in ihr festgefressen hatte.
• Wir müssen säen, ohne zu nehmen. •
• Pflegen, ohne zu zerstören •
• und lernen, ohne zu vergessen. •
• Pflegen, ohne zu zerstören •
• und lernen, ohne zu vergessen. •
Re: Die eisige Stille des Nordens
“Aber ihr, ihr lauscht immerzu?”
Konnte der junge Menschenmann ahnen, wie viel mehr Wahrheit in dieser kleinen Frage ruhte, als er zu ergründen beabsichtigte?
~
Konnte der junge Menschenmann ahnen, wie viel mehr Wahrheit in dieser kleinen Frage ruhte, als er zu ergründen beabsichtigte?
~
Mit jedem Hufschritt den Mithloss sie näher an die Grenze des Nordlandes trug, wog die Stille schwerer, wie eine unsichtbare Last die sich gleich eines Umhangs über die Schultern der Waldelfe legte.
Die Winde trugen keinen Gesang, sondern ein dumpfes, unvollendetes Echo.
Das Land selbst war in Disharmonie verfallen.
Vor dem Schild, welches den Pass von dem Nordland trennte, eine der vielen Grenzen darstellte, welchen sie sonst weniger Beachtung schenkt, ließ sie sich vom Rücken des Pferdes gleiten.
Kein Fuß und kein Huf wurden über diese Schwelle gesetzt. Zum Teil aus Respekt vor den Worten des Barbaren, den sie zuvor antraf. Sie verstand den Schmerz, die Trauer, welche dem Verlust folgten.
Auch sie hatte Fremde, Wanderer und Reisende des Feenwaldes verwiesen, als er litt.
Der andere Grund… wog tiefer. Kein Laut, kein Vogelruf, kein fernes Knacken von Ästen. Selbst der Schnee schien innezuhalten, als fürchtete er, zu laut zu fallen.
Diesen Fehlklängen wollte sie lauschen, sie ergründen, sie verstehen.
Doch die Ruhe sollte nicht lange anhalten.
Der Barbar des Vortages, der Zwergenkönig und der junge Menschenmann aus Solgard.
Ihre Pfade hatten sich alle zur selben Zeit vor dem Pass gekreuzt, doch nur einer blieb.
Und als er die Geschichte offenbarte, formte sich das Bild in Gänze, welches zuvor nur einer leisen Ahnung entsprang.
Er erzählte von einem Trupp aus Solgard, der ausgezogen war, um das Nordvolk zur Rede zu stellen. Eben jenen kleinen Trupp, den sie selbst an dem Abend nahe Servastae antraf, angeführt von Jaster.
Was als Suche nach Antworten begann, war in Zorn übergegangen, in jene menschliche Hitze, geboren aus Überzeugung, in Rechtschaffenheit zu handeln, die schneller entzündet als verstanden ist.
Und irgendwo zwischen Stolz, Missklang und Angst fiel der weiße Hirsch. Grimlas Spross, wie ihn das Nordvolk nannte, Symbol des Lebens und der Reinheit, Wächter des Gleichgewichts und vielleicht auch Teil der Wälder selbst.
Nicht aus Hunger, nicht aus Not. Nur als… Provokation?
Als die Geschichte endete, war der Schnee nicht weißer, die Luft nicht klarer, die Stille hatte nicht zur vorigen Harmonie zurückgefunden.
Mit den Worten des Mannes veränderte sich nichts an der Welt.
Die Natur unterschied nicht zwischen Schuld und Unschuld, sie litt einfach unter denen, die diese Unterscheidungen für sich beanspruchten.
You must see with eyes unclouded by hate.
- Gwendolyn
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Re: Die eisige Stille des Nordens
Gwen traf sich mit Tarsnjor zu einem Ritual. Eigentlich sollte es eine Kleinigkeit werden, denn Tarsnjor hat das erste Ritual auch allein problemlos bestritten.
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Dass der weiße Hirsch kaltblütig ermordet wurde hat man Gwen schon erzählt. Allein das hat ein Loch in ihre Brust gerissen. Sie hat Jaster bereits eine lange Standpauke gehalten. Auf seine Einwände war sie gar nicht eingegangen. Die waren ihr auch ziemlich egal. Die Begründungen warum er den Hirsch getötet hatte, zeigten Gwen nur, dass ihre Skepsis gegenüber den Paladinen mittlerweile wohl begründet waren.
Und dann kam das Ritual:
Schon am Anfang zeigt sich, dass es gut, das Gwen zumindest als Kraftgeber mit anwesend war. Recht rasch zog Gwen Ceanag – ihr Seelentier – hinzu um sich besser konzentrieren zu können. Denn durch die Nachricht vom Hirschen war sie selbst schon unruhig genug. Das durfte sie nicht auf Tarsnjor und das Ritual übertragen. Das Ritual war nicht nur kräfteraubend, es war trotz aller Bemühungen Ruhe zu bewahren von sich aus Unruhig. So sehr, dass es auch Gwen mitbekam. Der Nebel, der aufzog war durchzogen von kleinen Stürmen. Es war so, als würde etwas noch zusätzlich auf das Ritual drücken. Gwen war auch immer wieder abgelenkt von Schemen, die durch den Nebel huschten. Konturen, die durch den Nebel sprangen. Sobald man den Fokus jedoch auf diese Stelle legte waren sie auch schon wieder weg. Entfernt konnte sie im Nebel auch ein fernes röhren vernehmen, auf das Ceanag sofort reagierte.
Der Ritualkreis, den Tarsnjor akribisch gezogen hatte – Gwen hat es selbst gesehen – war an einer Stelle „undicht“. Auch der Nebel begann wieder unruhig in der Höhle hin und her zu tanzen. Segimer hatte große Mühe seinen Geist im Ritual zu behalten. Die undichte Stelle im Ritualkreis bekam weitere Risse. Es sah fast so aus als würden sich Adern darin abzeichnen. So als würde ein Rinnsal aus Blut sich seinen Weg bahnen. Im Nebel bildeten sich an dieser Stelle Schemen, die an kleine lebensfroh herumspringende Kitze erinnert. Nur eines davon lag am Boden. Gewaltsam aufgeschlitzt und seiner Vitalität beraubt. Die Höhle war geschwängert von Klagelauten, tiefer Trauer, die im Ritual mitschwingen und immer wieder an den Kräften der Druiden zerren. Mühevoll vermochten Tarsnjor, Gwen und auch Segimer die Lücke im Ritualkreis zu schließen. Tarsnjor erhielt was sie brauchte, doch die beiden Druidinnen brachen völlig erschöpft noch in der Höhle das erste Mal zusammen.
Völlig erschöpft, tränenüberströmt und fast gebrochen lagen die beiden nun im Heilerhaus und versuchten sich zu erholen.
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Dass der weiße Hirsch kaltblütig ermordet wurde hat man Gwen schon erzählt. Allein das hat ein Loch in ihre Brust gerissen. Sie hat Jaster bereits eine lange Standpauke gehalten. Auf seine Einwände war sie gar nicht eingegangen. Die waren ihr auch ziemlich egal. Die Begründungen warum er den Hirsch getötet hatte, zeigten Gwen nur, dass ihre Skepsis gegenüber den Paladinen mittlerweile wohl begründet waren.
Und dann kam das Ritual:
Schon am Anfang zeigt sich, dass es gut, das Gwen zumindest als Kraftgeber mit anwesend war. Recht rasch zog Gwen Ceanag – ihr Seelentier – hinzu um sich besser konzentrieren zu können. Denn durch die Nachricht vom Hirschen war sie selbst schon unruhig genug. Das durfte sie nicht auf Tarsnjor und das Ritual übertragen. Das Ritual war nicht nur kräfteraubend, es war trotz aller Bemühungen Ruhe zu bewahren von sich aus Unruhig. So sehr, dass es auch Gwen mitbekam. Der Nebel, der aufzog war durchzogen von kleinen Stürmen. Es war so, als würde etwas noch zusätzlich auf das Ritual drücken. Gwen war auch immer wieder abgelenkt von Schemen, die durch den Nebel huschten. Konturen, die durch den Nebel sprangen. Sobald man den Fokus jedoch auf diese Stelle legte waren sie auch schon wieder weg. Entfernt konnte sie im Nebel auch ein fernes röhren vernehmen, auf das Ceanag sofort reagierte.
Der Ritualkreis, den Tarsnjor akribisch gezogen hatte – Gwen hat es selbst gesehen – war an einer Stelle „undicht“. Auch der Nebel begann wieder unruhig in der Höhle hin und her zu tanzen. Segimer hatte große Mühe seinen Geist im Ritual zu behalten. Die undichte Stelle im Ritualkreis bekam weitere Risse. Es sah fast so aus als würden sich Adern darin abzeichnen. So als würde ein Rinnsal aus Blut sich seinen Weg bahnen. Im Nebel bildeten sich an dieser Stelle Schemen, die an kleine lebensfroh herumspringende Kitze erinnert. Nur eines davon lag am Boden. Gewaltsam aufgeschlitzt und seiner Vitalität beraubt. Die Höhle war geschwängert von Klagelauten, tiefer Trauer, die im Ritual mitschwingen und immer wieder an den Kräften der Druiden zerren. Mühevoll vermochten Tarsnjor, Gwen und auch Segimer die Lücke im Ritualkreis zu schließen. Tarsnjor erhielt was sie brauchte, doch die beiden Druidinnen brachen völlig erschöpft noch in der Höhle das erste Mal zusammen.
Völlig erschöpft, tränenüberströmt und fast gebrochen lagen die beiden nun im Heilerhaus und versuchten sich zu erholen.
Deine Wurzel findest du in dir,
indem du dich auf die innere Reise begibst
und in Dein Seelenreich eintauchst. (Lufh-Foal)
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-
Selenja Vildaban
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Totenwacht ...
Früh am nächsten Morgen erwachte die Sechzehnjährige aus einem eher unruhigen Schlaf.
Die Nachricht vom Abend zuvor hatte ihr Albträume beschert. Die Worte aus dem Gespräch mit Gwendolyn und Tarsnjor hingen ihr noch immer in den Gedanken. Sie zog sich etwas über und ging hinaus in den Garten. Das Blöken, Gackern und Muhen der Tiere empfing sie und ließ ihre Gedanken kurz von den Albträumen abschweifen und so versorgte sie zuerst die Tiere. Dann ging sie hinüber zum Waschtrog und wusch sich das Gesicht mit dem kalten Wasser, auf dem vereinzelte Eiskristalle glitzerten. Sie sah hinüber nach Osten, wo die Sonne in ein paar Stunden über die Berge klettern würde und dann fasste sie einen Entschluss.
Sie betrat den Wohnraum, der unter den persönlichen Zimmern lag. Der Brief, den sie Mirja und Pan an der Tür hinterlassen hatte, hing noch dort - erdolcht - wie sie ihn am Abend zuvor mit dem Küchenmesser angebracht hatte. Sie packte ein paar Dinge ein, Speis und einen warmen Trunk, dann ging sie hinab in die Werkstatt und holte ein kleines Windlicht mit einer sehr dicken und massiven Kerze darin, die lange brennen würde. Dann ging sie hinauf, packte ihre Ausrüstung zusammen und zog sich zusätzliche warme Kleidung an. Kurz prüfte sie noch den Sitz der Kleidung und Rüstung und sattelte dann ihr Pferd.
Kurz hinterließ sie Mirja und Pan noch eine zweite Nachricht, die sie an den Zettel vom Abend anheftete:
Dann schloss sie die Tür, führte das Pferd aus dem Garten und schwang sich dann in den Sattel.
Das Traben der Hufe entfernte sich vom Haus, führte sie durch das noch verschlafene Nebelhafen und dann hinaus aus der Siedlung, den Gebirgspass hinauf in die weiten aus Schnee und Eis.
Sie hatte das weiße Tier erst vor wenigen Tagen gesehen gehabt. Dort würde sie mit der Suche beginnen. Eine Suche von der sie selbst nicht wusste ob sie etwas bringen würde, aber es fühlte sich richtig an. Sie trieb das Tier durch den Schnee und hielt Ausschau nach allem, was ihr eigenartig erschien. Dabei kam sie auch an den Minotauren vorbei, die noch immer um die Sphäre postiert standen. Erstarrt wie zu Eis erstarrte Wachen. Doch an den Wolken vor ihrem Gesicht, wenn diese gewaltigen Tiere ausatmeten war klar zu sehen, dass sie keineswegs erstarrt waren. Sie lenkte das Tier etwas südlich, dorthin wo sie das weiße Tier erst Tage zuvor gesehen hatte und es dauerte nicht lange, bis sie die blutgetränkte Stelle im Schnee fand.
Sie sah vom Rücken ihres Pferdes hinab zu der blutigen Stelle im Schnee. Sie musste zugeben. Das Blut hier im Schnee sah fast schon schön aus. Das rot zu dem weiß im Kontrast. Das Glitzern. Und doch war es ein Ort der Schande und des Frevels. Sie führte ihr Pferd etwas zur Seite und ging dann zurück zu der Stelle im Schnee. Sie sah sich noch einmal um und ließ sich dann auf die Knie sinken. Sie nahm das Windlicht aus dem Rucksack und mit Feuerstein und Zunder entzündete sie die Kerze, ehe sie das Windlicht dann im Schnee abstellte.
Eine Kerze, so hatte sie einst Mal gehört würde jenen den Weg weisen, die nicht wissen wohin sie mussten.
Als sie den Kopf hob meinte sie eine Bewegung erkennen zu können. Doch nach einem Blinzeln war nichts mehr zu sehen. Noch einen Moment beobachtete sie die Stelle, dann ließ sie den Blick wieder auf den Schnee sinken und schloss die Augen. Sie war keine Druidin und mit Sicherheit war sie auch nicht so naturverbunden, wie es andere waren. Doch Tiere hatten ihr schon immer am Herzen gelegen und seit sie dem Pfad des Waldläufers folgte hatte sie viele neue Dinge und auch Fähigkeiten erlernt oder entdeckt. Ob ihr hier etwas davon helfen würde? Wer weiß ... und selbst wenn? Was sollte sie tun?
Sie hatte gelernt sich gegen Dämonen und Drachen zu behaupten und doch fühlte sie sich in diesem Moment klein, unendlich jung und hilflos.
Eine Träne rann ihr über die Wange, die eine Spur aus Eis auf ihrem Gesicht hinterließ.
Die dicke Kleidung die sie trug würde sie nicht ewig warm halten.
Doch es war richtig und wichtig dass sie hier war.
Und so begann sie ihre Wacht.
Das mitgebrachte Windlicht würde später bleiben.
Ein Leuchten am Tag und auch in dunkler Nacht.
Ein kleines Licht am Ort der Dunkelheit.
Die Nachricht vom Abend zuvor hatte ihr Albträume beschert. Die Worte aus dem Gespräch mit Gwendolyn und Tarsnjor hingen ihr noch immer in den Gedanken. Sie zog sich etwas über und ging hinaus in den Garten. Das Blöken, Gackern und Muhen der Tiere empfing sie und ließ ihre Gedanken kurz von den Albträumen abschweifen und so versorgte sie zuerst die Tiere. Dann ging sie hinüber zum Waschtrog und wusch sich das Gesicht mit dem kalten Wasser, auf dem vereinzelte Eiskristalle glitzerten. Sie sah hinüber nach Osten, wo die Sonne in ein paar Stunden über die Berge klettern würde und dann fasste sie einen Entschluss.
Sie betrat den Wohnraum, der unter den persönlichen Zimmern lag. Der Brief, den sie Mirja und Pan an der Tür hinterlassen hatte, hing noch dort - erdolcht - wie sie ihn am Abend zuvor mit dem Küchenmesser angebracht hatte. Sie packte ein paar Dinge ein, Speis und einen warmen Trunk, dann ging sie hinab in die Werkstatt und holte ein kleines Windlicht mit einer sehr dicken und massiven Kerze darin, die lange brennen würde. Dann ging sie hinauf, packte ihre Ausrüstung zusammen und zog sich zusätzliche warme Kleidung an. Kurz prüfte sie noch den Sitz der Kleidung und Rüstung und sattelte dann ihr Pferd.
Kurz hinterließ sie Mirja und Pan noch eine zweite Nachricht, die sie an den Zettel vom Abend anheftete:
Ich bin im Eis.
Ich bin zur Versammlung heute Abend wieder zurück.
Dann schloss sie die Tür, führte das Pferd aus dem Garten und schwang sich dann in den Sattel.
Das Traben der Hufe entfernte sich vom Haus, führte sie durch das noch verschlafene Nebelhafen und dann hinaus aus der Siedlung, den Gebirgspass hinauf in die weiten aus Schnee und Eis.
Sie hatte das weiße Tier erst vor wenigen Tagen gesehen gehabt. Dort würde sie mit der Suche beginnen. Eine Suche von der sie selbst nicht wusste ob sie etwas bringen würde, aber es fühlte sich richtig an. Sie trieb das Tier durch den Schnee und hielt Ausschau nach allem, was ihr eigenartig erschien. Dabei kam sie auch an den Minotauren vorbei, die noch immer um die Sphäre postiert standen. Erstarrt wie zu Eis erstarrte Wachen. Doch an den Wolken vor ihrem Gesicht, wenn diese gewaltigen Tiere ausatmeten war klar zu sehen, dass sie keineswegs erstarrt waren. Sie lenkte das Tier etwas südlich, dorthin wo sie das weiße Tier erst Tage zuvor gesehen hatte und es dauerte nicht lange, bis sie die blutgetränkte Stelle im Schnee fand.
Sie sah vom Rücken ihres Pferdes hinab zu der blutigen Stelle im Schnee. Sie musste zugeben. Das Blut hier im Schnee sah fast schon schön aus. Das rot zu dem weiß im Kontrast. Das Glitzern. Und doch war es ein Ort der Schande und des Frevels. Sie führte ihr Pferd etwas zur Seite und ging dann zurück zu der Stelle im Schnee. Sie sah sich noch einmal um und ließ sich dann auf die Knie sinken. Sie nahm das Windlicht aus dem Rucksack und mit Feuerstein und Zunder entzündete sie die Kerze, ehe sie das Windlicht dann im Schnee abstellte.
Eine Kerze, so hatte sie einst Mal gehört würde jenen den Weg weisen, die nicht wissen wohin sie mussten.
Als sie den Kopf hob meinte sie eine Bewegung erkennen zu können. Doch nach einem Blinzeln war nichts mehr zu sehen. Noch einen Moment beobachtete sie die Stelle, dann ließ sie den Blick wieder auf den Schnee sinken und schloss die Augen. Sie war keine Druidin und mit Sicherheit war sie auch nicht so naturverbunden, wie es andere waren. Doch Tiere hatten ihr schon immer am Herzen gelegen und seit sie dem Pfad des Waldläufers folgte hatte sie viele neue Dinge und auch Fähigkeiten erlernt oder entdeckt. Ob ihr hier etwas davon helfen würde? Wer weiß ... und selbst wenn? Was sollte sie tun?
Sie hatte gelernt sich gegen Dämonen und Drachen zu behaupten und doch fühlte sie sich in diesem Moment klein, unendlich jung und hilflos.
Eine Träne rann ihr über die Wange, die eine Spur aus Eis auf ihrem Gesicht hinterließ.
Die dicke Kleidung die sie trug würde sie nicht ewig warm halten.
Doch es war richtig und wichtig dass sie hier war.
Und so begann sie ihre Wacht.
Das mitgebrachte Windlicht würde später bleiben.
Ein Leuchten am Tag und auch in dunkler Nacht.
Ein kleines Licht am Ort der Dunkelheit.
- Rashka|Brom
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Re: Die eisige Stille des Nordens
Der weiße Hirsch sprang sorglos durch die schneebedeckte Landschaft. Trotz der kargen Weite huschten Hasen durchs Unterholz, und in der Ferne hallte das Heulen der Wölfe über die Hügel. Vom Himmel sanken schwere Schneeflocken herab und kleideten die Welt in ein frisches, weißes Gewand.
Er stand am Rand dieser Szenerie und betrachtete sie mit stiller Zufriedenheit. Der Hirsch drehte munter seine Runden, leichtfüßig und unbeschwert – doch plötzlich blieb er stehen. Seine dunklen Knopfaugen richteten sich auf den Mann, starrten ihn an, fast anklagend. Dann fiel das Tier – ohne Laut, ohne Grund, als hätte das Leben es einfach verlassen.
Verwirrt trat er näher. Der Schnee dämpfte jedes Geräusch, und auch die Wölfe verstummten. Kein Laut, kein Wind, kein Leben mehr. Der Hirsch lag reglos da. Vorsichtig kniete er sich hin und legte die Hand auf das weiße Fell. Es war kalt – zu kalt. Der Körper war leblos. Erschrocken zog er die Hand zurück, und wo er ihn berührt hatte, blieb ein Abdruck aus Blut, tiefrot im Hirschfell.
Er blickte auf seine Hand – auch sie war rot, triefend vom Blut des weißen Hirsches.
„Du bist schuld …“ wisperte eine Stimme, kaum hörbar, ganz nah an seinem Ohr.
Ein schmatzendes Geräusch ertönte. Der Leib des Hirsches barst auf, und dunkles Blut quoll aus der Wunde, breitete sich rasch über den Schnee aus, kroch auf ihn zu.
„Du bist schuld!“ Das Flüstern wurde lauter, kam von überall, aus jeder Richtung zugleich.
Er wollte antworten, seine Unschuld beteuern, doch kein Laut kam über seine Lippen. Er wich zurück – und aus der klaffenden Wunde des Hirsches erhob sich sein Ebenbild. Mit blutverklebtem Haar und einem Messer in den Händen schnitt es sich den Weg aus dem Kadaver frei. Tropfend, von Kopf bis Fuß in Blut getränkt, stürmte es auf ihn zu – das Messer erhoben, das Gesicht verzerrt zu einer Fratze des Zorns.
Er schreckte hoch. Atemlos, schweißgebadet, die Hand schützend erhoben. Die Felle, in denen er gelegen hatte, waren zur Seite geschoben, kalter Schweiß klebte auf seiner Haut. Der Raum war dunkel und still. Metall klirrte leise, als er sich bewegte und etwas umstieß. Orientierungslos blickte er umher, dann öffnete er die Tür, um etwas Mondlicht hereinzulassen.
Nackt bis auf den Lendenschurz trat er hinaus in die eisige Nordnacht. Ein Schauer durchfuhr ihn, als der Frost seine Haut biss. Er sog die klare, kalte Luft tief ein – sie brannte in der Brust, und doch fühlte sie sich rein an. Dann kehrte er zurück, legte Rüstung und Kleidung an. Schlaf fand er keinen mehr.
Unruhig ging er zum Stall, ließ seinen Reitbären satteln und ritt fort, als das Zwielicht den Norden in fahles Grau tauchte. Es war jene Stunde, in der die Nacht sich noch weigert zu gehen und der Tag kaum Mut findet, zu beginnen. Die Welt lag still. Die Tiere der Nacht ruhten, die des Tages waren noch nicht erwacht.
Eigentlich war diese Ruhe nichts Ungewöhnliches – und doch lag eine andere, tiefere Stille über dem Land. Die Kälte war ungewöhnlich scharf für diese Jahreszeit, aber nicht fremd. Etwas anderes war es, etwas, das ihn innerlich frösteln ließ.
Er war kein Schamane, kein Druide, und doch spürte er in seinen Knochen, dass hier etwas Unheiliges erwachte. Rastlos ritt er durch den grauen Morgen, ließ die Zeit vergehen, während der Nebel nicht wich. Die Sonne kämpfte sich kraftlos über den Horizont, vermochte aber weder Trost noch Wärme zu spenden.
Mehrmals führte ihn sein Weg an Orte, die er besser gemieden hätte. Der Tag verging, und wenn er Hunger verspürte, stieg er ab, aß von seiner kargen Wegzehrung, und ritt weiter. Gegen Abend erreichte er den Bergpass nach Nebelhaften. Eine Weile hielt er dort Wache, doch auch dies brachte keine Ruhe. Schließlich wandte er den Bären, bereit, nach Fjellgat zurückzukehren – bis er zwei Gestalten sah, genau an jener Stelle, an der der Hirsch gefallen war.
Ein Mädchen – und ein Wolf.
Er sprach sie an, wollte wissen, was ein Menschenkind hier, im frostigen Norden, zu suchen hatte. Sie sprach von Trauer und einer Totenwache. Ihre Worte waren schlicht, aber ehrlich. Tarabasch war hinzugetreten, hatte das Gespräch schweigend verfolgt.
„Bring sie nach Fjellgat“, sagte er schließlich zu ihm in der Sprache des Nordens. „Sie soll sich vom Grimla-Spross verabschieden.“
Dann wandte er sich ab und ritt weiter – nicht zurück nach Fjellgat, wie er es vorgehabt hatte, sondern in die entgegengesetzte Richtung.
Er wusste nun: Ruhe würde er nicht finden, ganz gleich, wohin er ging. Doch zurückkehren – das konnte er noch nicht.
Er stand am Rand dieser Szenerie und betrachtete sie mit stiller Zufriedenheit. Der Hirsch drehte munter seine Runden, leichtfüßig und unbeschwert – doch plötzlich blieb er stehen. Seine dunklen Knopfaugen richteten sich auf den Mann, starrten ihn an, fast anklagend. Dann fiel das Tier – ohne Laut, ohne Grund, als hätte das Leben es einfach verlassen.
Verwirrt trat er näher. Der Schnee dämpfte jedes Geräusch, und auch die Wölfe verstummten. Kein Laut, kein Wind, kein Leben mehr. Der Hirsch lag reglos da. Vorsichtig kniete er sich hin und legte die Hand auf das weiße Fell. Es war kalt – zu kalt. Der Körper war leblos. Erschrocken zog er die Hand zurück, und wo er ihn berührt hatte, blieb ein Abdruck aus Blut, tiefrot im Hirschfell.
Er blickte auf seine Hand – auch sie war rot, triefend vom Blut des weißen Hirsches.
„Du bist schuld …“ wisperte eine Stimme, kaum hörbar, ganz nah an seinem Ohr.
Ein schmatzendes Geräusch ertönte. Der Leib des Hirsches barst auf, und dunkles Blut quoll aus der Wunde, breitete sich rasch über den Schnee aus, kroch auf ihn zu.
„Du bist schuld!“ Das Flüstern wurde lauter, kam von überall, aus jeder Richtung zugleich.
Er wollte antworten, seine Unschuld beteuern, doch kein Laut kam über seine Lippen. Er wich zurück – und aus der klaffenden Wunde des Hirsches erhob sich sein Ebenbild. Mit blutverklebtem Haar und einem Messer in den Händen schnitt es sich den Weg aus dem Kadaver frei. Tropfend, von Kopf bis Fuß in Blut getränkt, stürmte es auf ihn zu – das Messer erhoben, das Gesicht verzerrt zu einer Fratze des Zorns.

Er schreckte hoch. Atemlos, schweißgebadet, die Hand schützend erhoben. Die Felle, in denen er gelegen hatte, waren zur Seite geschoben, kalter Schweiß klebte auf seiner Haut. Der Raum war dunkel und still. Metall klirrte leise, als er sich bewegte und etwas umstieß. Orientierungslos blickte er umher, dann öffnete er die Tür, um etwas Mondlicht hereinzulassen.
Nackt bis auf den Lendenschurz trat er hinaus in die eisige Nordnacht. Ein Schauer durchfuhr ihn, als der Frost seine Haut biss. Er sog die klare, kalte Luft tief ein – sie brannte in der Brust, und doch fühlte sie sich rein an. Dann kehrte er zurück, legte Rüstung und Kleidung an. Schlaf fand er keinen mehr.
Unruhig ging er zum Stall, ließ seinen Reitbären satteln und ritt fort, als das Zwielicht den Norden in fahles Grau tauchte. Es war jene Stunde, in der die Nacht sich noch weigert zu gehen und der Tag kaum Mut findet, zu beginnen. Die Welt lag still. Die Tiere der Nacht ruhten, die des Tages waren noch nicht erwacht.
Eigentlich war diese Ruhe nichts Ungewöhnliches – und doch lag eine andere, tiefere Stille über dem Land. Die Kälte war ungewöhnlich scharf für diese Jahreszeit, aber nicht fremd. Etwas anderes war es, etwas, das ihn innerlich frösteln ließ.
Er war kein Schamane, kein Druide, und doch spürte er in seinen Knochen, dass hier etwas Unheiliges erwachte. Rastlos ritt er durch den grauen Morgen, ließ die Zeit vergehen, während der Nebel nicht wich. Die Sonne kämpfte sich kraftlos über den Horizont, vermochte aber weder Trost noch Wärme zu spenden.
Mehrmals führte ihn sein Weg an Orte, die er besser gemieden hätte. Der Tag verging, und wenn er Hunger verspürte, stieg er ab, aß von seiner kargen Wegzehrung, und ritt weiter. Gegen Abend erreichte er den Bergpass nach Nebelhaften. Eine Weile hielt er dort Wache, doch auch dies brachte keine Ruhe. Schließlich wandte er den Bären, bereit, nach Fjellgat zurückzukehren – bis er zwei Gestalten sah, genau an jener Stelle, an der der Hirsch gefallen war.
Ein Mädchen – und ein Wolf.
Er sprach sie an, wollte wissen, was ein Menschenkind hier, im frostigen Norden, zu suchen hatte. Sie sprach von Trauer und einer Totenwache. Ihre Worte waren schlicht, aber ehrlich. Tarabasch war hinzugetreten, hatte das Gespräch schweigend verfolgt.
„Bring sie nach Fjellgat“, sagte er schließlich zu ihm in der Sprache des Nordens. „Sie soll sich vom Grimla-Spross verabschieden.“
Dann wandte er sich ab und ritt weiter – nicht zurück nach Fjellgat, wie er es vorgehabt hatte, sondern in die entgegengesetzte Richtung.
Er wusste nun: Ruhe würde er nicht finden, ganz gleich, wohin er ging. Doch zurückkehren – das konnte er noch nicht.
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Selenja Vildaban
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Totenwacht .. und ein Abschied
Der Abend war doch anders ausgegangen als sie erwartet hatte. Während sie im Schnee saß, um ihre stille Wache abzuhalten, gesellte sich nach einer Weile ein Wolf zu ihr und legte sich neben ihr in den Schnee. Das Tier schien sich an ihrer Anwesenheit nicht zu stören und war vermutlich von dem Licht der Kerze angezogen worden. Doch die Wärme, die das Tier ihr spendete, kam ihr sehr gelegen und der Wolf erhielt im Gegenzug einige Streicheleinheiten.
Dann hörte sie mit einem Mal schwere Schritte im Schnee und als sie den Blick hob, sah sie einen Kriegsbärenreiter, nur wenige Schritte vor sich. Die Dunkelheit war bereits über das Eis hereingebrochen und sie musste sie sich konzentrieren, um zu erkennen, wen sie da vor sich hatte. Doch dann erkannte sie Rashka. Der gewaltige Barbar, der ihr auf Grund der wilden Jagd erst kürzlich in Nebelhafen eine Warnung für ihren Vater mit auf den Weg gegeben hatte, saß schwer bewaffnet auf seinem Bären und forderte sie auf sich erkennen zu geben.
Noch während sie die Kapuze und den Mundschutz vom Gesicht löste, hörte sie weitere Schritte hinter sich. Ein weiterer Barbar. Sie sah zu ihm und erkannte Tarabasch. Auf die Weisung von den beiden erhob sie sich vom Boden und stellte sich hin. Rashka wollte wissen warum sie hier war. Also berichtete sie …
Dann harrte sie aus. Abwartend. Die Barbaren unterhielten sich in ihrer rauen, harten Sprache, die an sich schon jedem einen Schauer über den Rücken jagte. Dann wandte Rashka sich ab und ritt davon. Irritiert hatte sie zu Tarabasch gesehen. Er fragte sie ob sie ein Pferd bei sich habe. Sie bestätigte dies und rief Ryoma zu sich. Das Pferd war etwas zur Seite zu ein paar Bäumen getreten, um dort Schutz vor dem Wind zu suchen. Sie schwang sich in den Sattel und folgte Tarabasch dann. Der Weg führte sie durch die Harpyien Schlucht und ein paar verwundene Bergpfade, bis sie schließlich vor dem Tor zu Fjellgat standen. Kurz hielten sie an und Tarabasch rief den Wachen etwas zu, dann trieb er seinen Bären voran und sie folgte.
Sie war zum ersten Mal in Fjellgat und erstaunt ließ sie den Blick schweifen. Ihr wurde mitgeteilt, dass sie unter Tarabaschs Schutz stehe, solange sie hier wäre und solange sie keinen Ärger machen würde. Dann folgte sie ihm weiter. Sie ritten an einigen gewaltigen Langhäusern vorbei und schließlich kamen sie zu einer Art Ritualplatz. Tarabasch stieg ab und sie folgte seinem Beispiel. Dann trat er an die Ritualstätte. Selenja folgte ihm mit etwas Abstand und sah dann in die Runde. Sie erkannte Tarsnjor und Bjornar. Dort stand noch eine weitere Barbarin, die sie noch nicht einordnen konnte. Die Stimmung war eine Mischung aus Wut und Trauer. Schwer zu greifen. Dann sah sie zum Zentrum des Ritualplatzes und erblickte das Tier. Aufgebahrt.
Der Anblick ließ sie innerlich verkrampfen und entlockte ihr ein Seufzen. Da lag das edle Tier. Grimlas Spross, wie man ihr mittlerweile gesagt hatte. Erschlagen aus Vergeltung? Rache? Oder einfach nur zur Provokation? Unwissenheit war es mit Sicherheit nicht, denn jeder der das Tier erblickte wusste instinktiv, dass es sich um etwas besonderes gehandelt hatte. Dazu brauchte es weder einen Heiligenschein, Flügel oder irgendeine Aura, um dies zu sehen. Und nun lag es hier. Zerbrochen. Erschlagen als unschuldiges Opfer eines Krieges des Glaubens.
Sie bat darum ihre Laterne beim Tier aufstellen zu dürfen, doch darüber mussten die Hathran entscheiden, sie schienen so etwas wie die geistigen Führer zu sein. Zumindest kam es ihr so vor. Sie entschieden jedoch dagegen. So gab sie die Laterne Bjornar, der sich sehr darüber zu freuen schien.
Still hatte sie das Tier dann betrachtet und sich schließlich etwas genähert und sich hingekniet. Ihr war eine Melodie eingefallen. Ein Lied, das Pan und Mirja ihrem Bruder und ihr regelmäßig vorgesungen hatten. Ein Schlaflied ... Sie summte diese Melodie, leise. Dabei verabschiedete sie sich von dem edlen Tier.
Als sie sich erhob, kam auch Rashka hinzu. Sie konnte das frische Blut an seiner Rüstung glänzen sehen und wusste, dass er einen Kampf ausgetragen hatte. Doch es war nicht der Zeitpunkt dazu fragen zu stellen. Das konnte sie ihm ansehen. Möglichst still verabschiedete sie sich dann aus der Gesellschaft der Barbaren, nahm noch Grüße für ihre Eltern mit auf den Weg, und Bjornar geleitete sie schließlich aus Fjellgat hinaus.
Als sie die Türschwelle der Falkenrast überschritt und in die Taverne eintrat, in der an diesem Abend die Bürgerversammlung stattfand, war ihre Laune noch immer betrübt und sie spürte eine tiefe Wut in sich. Durchgefroren, müde und gereizt ließ sie sich am Tisch nieder, um der Besprechung beizuwohnen und um die anderen zu Warnen.
Zu Warnen … vor den Veränderungen im Eis, die das Fehlen von Grimlas Spross mit sich bringen würde.
Zu Bitten … sich ausweisen zu können, damit kein Nebelhafener Opfer dieses Krieges wurde.
Zu Erzählen … von dem was sich zugetragen hatte.
Der Tag war lang und endete spät.
Dann hörte sie mit einem Mal schwere Schritte im Schnee und als sie den Blick hob, sah sie einen Kriegsbärenreiter, nur wenige Schritte vor sich. Die Dunkelheit war bereits über das Eis hereingebrochen und sie musste sie sich konzentrieren, um zu erkennen, wen sie da vor sich hatte. Doch dann erkannte sie Rashka. Der gewaltige Barbar, der ihr auf Grund der wilden Jagd erst kürzlich in Nebelhafen eine Warnung für ihren Vater mit auf den Weg gegeben hatte, saß schwer bewaffnet auf seinem Bären und forderte sie auf sich erkennen zu geben.
Noch während sie die Kapuze und den Mundschutz vom Gesicht löste, hörte sie weitere Schritte hinter sich. Ein weiterer Barbar. Sie sah zu ihm und erkannte Tarabasch. Auf die Weisung von den beiden erhob sie sich vom Boden und stellte sich hin. Rashka wollte wissen warum sie hier war. Also berichtete sie …
Ich bedaure den Verlust dieses edlen Tieres.
Mir ist bewusst, dass es heilig für Euer Volk ist und es ist ein Frevel, der hier begangen wurde.
Mir jedoch liegen Tiere im Allgemeinen sehr am Herzen und heilig oder nicht …
jede unschuldige Seele verdient es, dass um sie getrauert wird.
Ich habe das edle Tier noch vor wenigen Tagen sehen dürfen.
Der Anblick war … wunderschön und atemberaubend zugleich.
Mir ist bewusst, dass es heilig für Euer Volk ist und es ist ein Frevel, der hier begangen wurde.
Mir jedoch liegen Tiere im Allgemeinen sehr am Herzen und heilig oder nicht …
jede unschuldige Seele verdient es, dass um sie getrauert wird.
Ich habe das edle Tier noch vor wenigen Tagen sehen dürfen.
Der Anblick war … wunderschön und atemberaubend zugleich.
Dann harrte sie aus. Abwartend. Die Barbaren unterhielten sich in ihrer rauen, harten Sprache, die an sich schon jedem einen Schauer über den Rücken jagte. Dann wandte Rashka sich ab und ritt davon. Irritiert hatte sie zu Tarabasch gesehen. Er fragte sie ob sie ein Pferd bei sich habe. Sie bestätigte dies und rief Ryoma zu sich. Das Pferd war etwas zur Seite zu ein paar Bäumen getreten, um dort Schutz vor dem Wind zu suchen. Sie schwang sich in den Sattel und folgte Tarabasch dann. Der Weg führte sie durch die Harpyien Schlucht und ein paar verwundene Bergpfade, bis sie schließlich vor dem Tor zu Fjellgat standen. Kurz hielten sie an und Tarabasch rief den Wachen etwas zu, dann trieb er seinen Bären voran und sie folgte.
~ Fjellgat ~
Sie war zum ersten Mal in Fjellgat und erstaunt ließ sie den Blick schweifen. Ihr wurde mitgeteilt, dass sie unter Tarabaschs Schutz stehe, solange sie hier wäre und solange sie keinen Ärger machen würde. Dann folgte sie ihm weiter. Sie ritten an einigen gewaltigen Langhäusern vorbei und schließlich kamen sie zu einer Art Ritualplatz. Tarabasch stieg ab und sie folgte seinem Beispiel. Dann trat er an die Ritualstätte. Selenja folgte ihm mit etwas Abstand und sah dann in die Runde. Sie erkannte Tarsnjor und Bjornar. Dort stand noch eine weitere Barbarin, die sie noch nicht einordnen konnte. Die Stimmung war eine Mischung aus Wut und Trauer. Schwer zu greifen. Dann sah sie zum Zentrum des Ritualplatzes und erblickte das Tier. Aufgebahrt.
Der Anblick ließ sie innerlich verkrampfen und entlockte ihr ein Seufzen. Da lag das edle Tier. Grimlas Spross, wie man ihr mittlerweile gesagt hatte. Erschlagen aus Vergeltung? Rache? Oder einfach nur zur Provokation? Unwissenheit war es mit Sicherheit nicht, denn jeder der das Tier erblickte wusste instinktiv, dass es sich um etwas besonderes gehandelt hatte. Dazu brauchte es weder einen Heiligenschein, Flügel oder irgendeine Aura, um dies zu sehen. Und nun lag es hier. Zerbrochen. Erschlagen als unschuldiges Opfer eines Krieges des Glaubens.
Sie bat darum ihre Laterne beim Tier aufstellen zu dürfen, doch darüber mussten die Hathran entscheiden, sie schienen so etwas wie die geistigen Führer zu sein. Zumindest kam es ihr so vor. Sie entschieden jedoch dagegen. So gab sie die Laterne Bjornar, der sich sehr darüber zu freuen schien.
Still hatte sie das Tier dann betrachtet und sich schließlich etwas genähert und sich hingekniet. Ihr war eine Melodie eingefallen. Ein Lied, das Pan und Mirja ihrem Bruder und ihr regelmäßig vorgesungen hatten. Ein Schlaflied ... Sie summte diese Melodie, leise. Dabei verabschiedete sie sich von dem edlen Tier.
Als sie sich erhob, kam auch Rashka hinzu. Sie konnte das frische Blut an seiner Rüstung glänzen sehen und wusste, dass er einen Kampf ausgetragen hatte. Doch es war nicht der Zeitpunkt dazu fragen zu stellen. Das konnte sie ihm ansehen. Möglichst still verabschiedete sie sich dann aus der Gesellschaft der Barbaren, nahm noch Grüße für ihre Eltern mit auf den Weg, und Bjornar geleitete sie schließlich aus Fjellgat hinaus.
~ Nebelhafen ~
Als sie die Türschwelle der Falkenrast überschritt und in die Taverne eintrat, in der an diesem Abend die Bürgerversammlung stattfand, war ihre Laune noch immer betrübt und sie spürte eine tiefe Wut in sich. Durchgefroren, müde und gereizt ließ sie sich am Tisch nieder, um der Besprechung beizuwohnen und um die anderen zu Warnen.
Zu Warnen … vor den Veränderungen im Eis, die das Fehlen von Grimlas Spross mit sich bringen würde.
Zu Bitten … sich ausweisen zu können, damit kein Nebelhafener Opfer dieses Krieges wurde.
Zu Erzählen … von dem was sich zugetragen hatte.
Der Tag war lang und endete spät.
Re: Die eisige Stille des Nordens
Ein Moment der Ruhe
"Der Moosbedeckte Wald schmeckt nach Ruhe, der Tau des Morgens lässt Gedanken schweifen,
das Hämmern eines Specht in den Tiefen gibt den Takt des Waldes."
"Zeit des Rückzugs."
"Geisterweihe hält den Atem an. Wasser hinterm Wasser, Stein hinterm Stein."
"Zwei Wege ziehen an den Sehnen. Hier die Weihe, dort der Ruf des Weißen.
Ein Kreis, der geschlossen sein will. Ein Geist, der geführt sein muss. Wie teile ich ein Herz, ohne es zu zerreißen?"
"Der Stamm? Trauen sie Händeen, die noch zittern vom letzten Kreis?"
"Des Jothars Ruf war richtig. Als Hathran folge ich seinem Ruf, gebe Halt dem Stamm, um das Gleichgewicht der Welt nicht zu kippen."
"Doch ob sie’s ihr zutrauen? Der Nebel fragt anders, nicht ob, sondern wie lang."
"Die Geister urteilen nicht, sie folgen keinem Konflikt."
"Der Weiße leidet, er ist fest gebunden, gebunden an eine Welt die er verlassen will, die Ahnen werden Ihn zu sich nehmen.
"Das letzte Ritual brannte, der Kreis war rund gezogen und doch riss er wie dünnes Eis. Was machte ich falsch?"
"Kleine Stürme im Dunst, Kitzschatten, die sprangen, der Sproß Grima aufgeschlitzt, das Lied der Störung sang durch die Rillen."
"Beinahe nahm der Nebel den Alten fort, beinahe zerrte er die Blattruferin mit.
Doch die Ruhe kostete teuer. Meine Arme wissen es noch.
Jetzt der Weiße. Grimlas Spross springt nicht mehr in festen Hufen."
"Der Weg zu den Ahnen ist da, aber nicht jeder kann ihn zeigen. Mancher Geist will geführt werden wie Wind im Holz das töne gibt."
"Worte die einen Atem brauchen."
"Also zählen die Zeichen. Schutz und Gaben, die Geister Blicken nun auf alles was ihnen einst gereicht."
"Heute lauscht die Höhle bis sie weich wird, kein Hastiger Schritt wird Grimas Sproß leiten."
"Zweifel nagen wie behutsam geführte Zügel. Wer jung ist läuft schneller, wenn der Griff stimmt."
"Die Geister hören, auch wenn sie schweigen und wenn sie schweigen,
prüfen sie nur ob dein Atem still genug ist, damit das Dazwischen antworten kann."
"Wenn der Ruf erneut ertönt, führt der Atem Grimmas weißen Sproß.
Bis dahin führt die Stille die Hathran. Und der Nebel wird sehen, ob gegangen wird, ob sie bereit ist."
"Ich Blicke wieder in die Tiefe des Waldes und lausche dem ewigem Klang der Welt."
"Der Moosbedeckte Wald schmeckt nach Ruhe, der Tau des Morgens lässt Gedanken schweifen,
das Hämmern eines Specht in den Tiefen gibt den Takt des Waldes."
"Zeit des Rückzugs."
"Geisterweihe hält den Atem an. Wasser hinterm Wasser, Stein hinterm Stein."
"Zwei Wege ziehen an den Sehnen. Hier die Weihe, dort der Ruf des Weißen.
Ein Kreis, der geschlossen sein will. Ein Geist, der geführt sein muss. Wie teile ich ein Herz, ohne es zu zerreißen?"
"Der Stamm? Trauen sie Händeen, die noch zittern vom letzten Kreis?"
"Des Jothars Ruf war richtig. Als Hathran folge ich seinem Ruf, gebe Halt dem Stamm, um das Gleichgewicht der Welt nicht zu kippen."
"Doch ob sie’s ihr zutrauen? Der Nebel fragt anders, nicht ob, sondern wie lang."
"Die Geister urteilen nicht, sie folgen keinem Konflikt."
"Der Weiße leidet, er ist fest gebunden, gebunden an eine Welt die er verlassen will, die Ahnen werden Ihn zu sich nehmen.
"Das letzte Ritual brannte, der Kreis war rund gezogen und doch riss er wie dünnes Eis. Was machte ich falsch?"
"Kleine Stürme im Dunst, Kitzschatten, die sprangen, der Sproß Grima aufgeschlitzt, das Lied der Störung sang durch die Rillen."
"Beinahe nahm der Nebel den Alten fort, beinahe zerrte er die Blattruferin mit.
Doch die Ruhe kostete teuer. Meine Arme wissen es noch.
Jetzt der Weiße. Grimlas Spross springt nicht mehr in festen Hufen."
"Der Weg zu den Ahnen ist da, aber nicht jeder kann ihn zeigen. Mancher Geist will geführt werden wie Wind im Holz das töne gibt."
"Worte die einen Atem brauchen."
"Also zählen die Zeichen. Schutz und Gaben, die Geister Blicken nun auf alles was ihnen einst gereicht."
"Heute lauscht die Höhle bis sie weich wird, kein Hastiger Schritt wird Grimas Sproß leiten."
"Zweifel nagen wie behutsam geführte Zügel. Wer jung ist läuft schneller, wenn der Griff stimmt."
"Die Geister hören, auch wenn sie schweigen und wenn sie schweigen,
prüfen sie nur ob dein Atem still genug ist, damit das Dazwischen antworten kann."
"Wenn der Ruf erneut ertönt, führt der Atem Grimmas weißen Sproß.
Bis dahin führt die Stille die Hathran. Und der Nebel wird sehen, ob gegangen wird, ob sie bereit ist."
"Ich Blicke wieder in die Tiefe des Waldes und lausche dem ewigem Klang der Welt."
- Rashka|Brom
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Re: Die eisige Stille des Nordens
Die Kälte der Nordlande begann an den Kräften zu zehren. Anfang des Jahres hatte er befohlen, Schiffsrationen in ausreichender Menge herzustellen. Mit der Seeborke wollten sie in See stechen, um die Insel der Schlangenwesen zu suchen – jene Insel, die ihre Vorgänger bereits besucht hatten, um dort zu plündern.
Doch der Winter war ungewöhnlich früh eingebrochen, und die Tierwelt hatte sich verängstigt in ihre Verstecke zurückgezogen. Es war nun notwendig geworden, genau diese Schiffsrationen anderweitig zu verbrauchen. Er war froh, dass sie sich – wenn auch eher zufällig – vorbereitet hatten und nun davon zehren konnten.
Er versuchte, seine Gedanken abzulenken, indem er Lösungen für ihre Probleme ersann. Doch immer wieder kehrte er in seiner Vorstellung zu jenem Tag zurück, an dem die Wunde in das Land geschlagen worden war.
Er schloss die Augen – und sah mitten im Schnee ein schwarzes Loch, aus dem Blut sickerte.
Ein knackendes Geräusch riss ihn aus den düsteren Gedanken. Er blickte hinab auf seine Hand – und auf das Trinkhorn, das er dort gehalten hatte. Er hielt es noch, doch er hatte es vor Zorn zerbrochen. Der Met war über den ganzen Tisch gelaufen. Mit einem tiefen Brummen erhob er sich und trat aus dem Haus.
Ein Blick zum Stand der Sonne verriet ihm, dass es beinahe Zeit war. Also begab er sich zum Eingang von Fjellgat und gesellte sich stumm zu den Wachen. Nach und nach trafen andere seines Stammes ein. Tyra besetzte ebenfalls die hölzerne Wehranlage, Bjornar ritt unruhig mit seinem Reitbären zwischen den Reihen umher. Yngvildr kam nach einiger Zeit den Abhang hinab und berichtete von einem Vorfall mit den Nachtalben. Der Forsjaman und der Skilt reihten sich ebenfalls ein, um die Wache am Tor zu verstärken. Auch der Druide Ragnar war gekommen – tief in Trauer und Wut gefangen, hatte er sich schweigend hinzugesellt.
Irgendwann erschienen die seltsamen Gäste in Sicht – ein ungewöhnliches Reisepaar für seine Augen. Eine Elfe mit grüner Haut und schlankem Körperbau; der Ausrüstung und ihrem Gebaren nach zu urteilen wohl eine Jägerin oder Späherin. In seinem Volk wäre sie sicher eine Soekerin gewesen – vielleicht aber auch eine Skaldin, wie sich später herausstellen sollte.
Neben der Waldelfe schritt ein kleiner Drache einher, über dessen Körper zarte Blütenknospen wuchsen. Den Drachen betrachtete er mit Misstrauen – waren Drachen doch die Feinde seines Volkes.
Langsam traten die beiden heran, und der Forsjaman kam ihnen entgegen. Den Worten, die gewechselt wurden, lauschte er nur halbherzig. Sie sprachen davon, was geschehen war, und dass sie hier wären, um zu helfen. Haldron sollte entscheiden, wie mit den beiden zu verfahren war – der Forsjaman würde schon das Richtige sagen.
Nach einigem Hin und Her sprach der erste Schamane, dass sie mit eigenen Augen sehen sollten, was die Wüstenwichtel angerichtet hatten. So führte man die beiden zu dem aufgebahrten Hirsch, um zu zeigen, wofür Worte nicht ausreichten.
Die Drachenkreatur schien aufrichtig betroffen angesichts dieses Anblicks, und auch die Waldelfe war sichtlich bewegt – was ihn weniger überraschte. Er hatte ihre Art schon in der alten Welt getroffen und das eine oder andere Mal mit einem der Ihren gesprochen. Haldron gestattete den beiden Besuchern, etwas zu geben, um das Gleichgewicht der Natur wenigstens ein Stück weit wiederherzustellen.
Die beiden traten näher und begannen nach einigen Momenten zu singen und zu summen – klare, fremdartige Klänge, die von einigen seines Volkes auf die eine oder andere Weise begleitet wurden.
Er selbst schloss die Augen – und für die Dauer des Liedes besuchten ihn Erinnerungen an den Hirsch, als er noch lebte.
Er sah das stattliche Tier auf einer Lichtung stehen, den Blick in die Ferne gerichtet. Ohne Vorwarnung spannte sich der Körper des Hirsches an, und er sprang davon. Vielleicht hatte er etwas gespürt – oder er wollte einfach nur laufen.
Ein anderer Gedanke flammte in Rashkas Geist auf: Der Hirsch war ihm damals sehr nahe gekommen und hatte die Luft geschnuppert. Rashka war still gestanden, hatte sich nicht zu schnell bewegt, um das Tier nicht zu verschrecken. Dennoch hatte er die Hand ausgestreckt – langsam, bedächtig. Neugierig war der Hirsch näher gekommen, hatte seine Hand mit der Schnauze berührt, dann den Kopf gehoben und in eine Richtung geblickt, bevor er in die entgegengesetzte davongetrottet war. Noch einmal war der Hirsch stehen geblieben, hatte zurückgeblickt – und mit diesen unergründlichen Augen Rashka angesehen.
Die Klänge der Gäste in seinen Ohren, die Gedanken an den Hirsch in seinem Geist – all das brachte ein leises Lächeln auf seine Züge.
Irgendwann verklang die Melodie, und die Realität drängte sich wieder in seine Gedanken. Es wurden noch einige Worte gewechselt – er selbst aber hörte sie kaum mehr.
Zwei Tage waren seitdem vergangen – ihm kam es vor wie eine Ewigkeit.
Er war früh aufgestanden; draußen lag noch Dunkelheit über dem Land, und die Kälte hatte alles fest im Griff, als er aus seiner Hütte trat. Heute war der Tag gekommen – der Abschied von Grimlas Spross.
Er suchte die heiße Quelle auf, zog sich aus und stieg in das dampfende Wasser. Später schabte er mit einem scharfen Stein einige verirrte Barthaare ab; mit einem Dolch und einem Knochenkamm brachte er seinen Bart in Form. Dann suchte er nach schlichter, aber festlicher Kleidung. So bereitete er sich nach und nach auf die Stunde vor, die da kommen würde.
Die Gerüchte, dass Grimlas Spross zur Ruhe gelegt werden sollte, verbreiteten sich über Fjellgat hinaus – durch das Gerede von Soekern, die das Land bereisten und andere Aufgaben verfolgten. Doch auch Besucher, die Fjellgat zum Handel oder aus anderen Gründen aufgesucht hatten, trugen diese Kunde hinaus in die Welt.
Doch der Winter war ungewöhnlich früh eingebrochen, und die Tierwelt hatte sich verängstigt in ihre Verstecke zurückgezogen. Es war nun notwendig geworden, genau diese Schiffsrationen anderweitig zu verbrauchen. Er war froh, dass sie sich – wenn auch eher zufällig – vorbereitet hatten und nun davon zehren konnten.
Er versuchte, seine Gedanken abzulenken, indem er Lösungen für ihre Probleme ersann. Doch immer wieder kehrte er in seiner Vorstellung zu jenem Tag zurück, an dem die Wunde in das Land geschlagen worden war.
Er schloss die Augen – und sah mitten im Schnee ein schwarzes Loch, aus dem Blut sickerte.
Ein knackendes Geräusch riss ihn aus den düsteren Gedanken. Er blickte hinab auf seine Hand – und auf das Trinkhorn, das er dort gehalten hatte. Er hielt es noch, doch er hatte es vor Zorn zerbrochen. Der Met war über den ganzen Tisch gelaufen. Mit einem tiefen Brummen erhob er sich und trat aus dem Haus.
Ein Blick zum Stand der Sonne verriet ihm, dass es beinahe Zeit war. Also begab er sich zum Eingang von Fjellgat und gesellte sich stumm zu den Wachen. Nach und nach trafen andere seines Stammes ein. Tyra besetzte ebenfalls die hölzerne Wehranlage, Bjornar ritt unruhig mit seinem Reitbären zwischen den Reihen umher. Yngvildr kam nach einiger Zeit den Abhang hinab und berichtete von einem Vorfall mit den Nachtalben. Der Forsjaman und der Skilt reihten sich ebenfalls ein, um die Wache am Tor zu verstärken. Auch der Druide Ragnar war gekommen – tief in Trauer und Wut gefangen, hatte er sich schweigend hinzugesellt.
Irgendwann erschienen die seltsamen Gäste in Sicht – ein ungewöhnliches Reisepaar für seine Augen. Eine Elfe mit grüner Haut und schlankem Körperbau; der Ausrüstung und ihrem Gebaren nach zu urteilen wohl eine Jägerin oder Späherin. In seinem Volk wäre sie sicher eine Soekerin gewesen – vielleicht aber auch eine Skaldin, wie sich später herausstellen sollte.
Neben der Waldelfe schritt ein kleiner Drache einher, über dessen Körper zarte Blütenknospen wuchsen. Den Drachen betrachtete er mit Misstrauen – waren Drachen doch die Feinde seines Volkes.
Langsam traten die beiden heran, und der Forsjaman kam ihnen entgegen. Den Worten, die gewechselt wurden, lauschte er nur halbherzig. Sie sprachen davon, was geschehen war, und dass sie hier wären, um zu helfen. Haldron sollte entscheiden, wie mit den beiden zu verfahren war – der Forsjaman würde schon das Richtige sagen.

Nach einigem Hin und Her sprach der erste Schamane, dass sie mit eigenen Augen sehen sollten, was die Wüstenwichtel angerichtet hatten. So führte man die beiden zu dem aufgebahrten Hirsch, um zu zeigen, wofür Worte nicht ausreichten.
Die Drachenkreatur schien aufrichtig betroffen angesichts dieses Anblicks, und auch die Waldelfe war sichtlich bewegt – was ihn weniger überraschte. Er hatte ihre Art schon in der alten Welt getroffen und das eine oder andere Mal mit einem der Ihren gesprochen. Haldron gestattete den beiden Besuchern, etwas zu geben, um das Gleichgewicht der Natur wenigstens ein Stück weit wiederherzustellen.
Die beiden traten näher und begannen nach einigen Momenten zu singen und zu summen – klare, fremdartige Klänge, die von einigen seines Volkes auf die eine oder andere Weise begleitet wurden.
Er selbst schloss die Augen – und für die Dauer des Liedes besuchten ihn Erinnerungen an den Hirsch, als er noch lebte.
Er sah das stattliche Tier auf einer Lichtung stehen, den Blick in die Ferne gerichtet. Ohne Vorwarnung spannte sich der Körper des Hirsches an, und er sprang davon. Vielleicht hatte er etwas gespürt – oder er wollte einfach nur laufen.
Ein anderer Gedanke flammte in Rashkas Geist auf: Der Hirsch war ihm damals sehr nahe gekommen und hatte die Luft geschnuppert. Rashka war still gestanden, hatte sich nicht zu schnell bewegt, um das Tier nicht zu verschrecken. Dennoch hatte er die Hand ausgestreckt – langsam, bedächtig. Neugierig war der Hirsch näher gekommen, hatte seine Hand mit der Schnauze berührt, dann den Kopf gehoben und in eine Richtung geblickt, bevor er in die entgegengesetzte davongetrottet war. Noch einmal war der Hirsch stehen geblieben, hatte zurückgeblickt – und mit diesen unergründlichen Augen Rashka angesehen.
Die Klänge der Gäste in seinen Ohren, die Gedanken an den Hirsch in seinem Geist – all das brachte ein leises Lächeln auf seine Züge.
Irgendwann verklang die Melodie, und die Realität drängte sich wieder in seine Gedanken. Es wurden noch einige Worte gewechselt – er selbst aber hörte sie kaum mehr.

Zwei Tage waren seitdem vergangen – ihm kam es vor wie eine Ewigkeit.
Er war früh aufgestanden; draußen lag noch Dunkelheit über dem Land, und die Kälte hatte alles fest im Griff, als er aus seiner Hütte trat. Heute war der Tag gekommen – der Abschied von Grimlas Spross.
Er suchte die heiße Quelle auf, zog sich aus und stieg in das dampfende Wasser. Später schabte er mit einem scharfen Stein einige verirrte Barthaare ab; mit einem Dolch und einem Knochenkamm brachte er seinen Bart in Form. Dann suchte er nach schlichter, aber festlicher Kleidung. So bereitete er sich nach und nach auf die Stunde vor, die da kommen würde.
Die Gerüchte, dass Grimlas Spross zur Ruhe gelegt werden sollte, verbreiteten sich über Fjellgat hinaus – durch das Gerede von Soekern, die das Land bereisten und andere Aufgaben verfolgten. Doch auch Besucher, die Fjellgat zum Handel oder aus anderen Gründen aufgesucht hatten, trugen diese Kunde hinaus in die Welt.
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Re: Die eisige Stille des Nordens
Im Wind der Ahnen: Die Beisetzung des Weißen Hirsches
In der kalten Dämmerung sammelten sie sich, die Barbaren des Nordens und Gwendolyn

Ihre Atemzüge wurden zu Nebel, als Haldron schweigend den Bottich zur Seite schob und jedem eine Fackel reichte.
Einer nach dem anderen nahm sie entgegen – Tyra, Ragnar, Tarsnjor, Rashka, Gwendolyn, Bjornar, Tarabasch.
Der Kreis schloss sich.
Die Flammen der Fackeln warfen zitternde Schatten auf den gefrorenen Boden, auf den Leib des weißen Hirsches, der still in der Mitte lag – Grimlas Spross, Wächter des Gleichgewichts.
Als alle standen, hob Haldron die Arme.
„Der Norden schweigt, wenn Heiliges fällt“, sprach er, und seine Stimme trug über das Schweigen der Versammelten. „Heute schweigt er laut.“
Er erzählte vom Atem des Waldes, vom Herz des Winters, vom Stolz, der gefallen war, und davon, dass Licht, das tötet, Schatten auf alles Leben wirft.
Jeder Blick folgte ihm, als er die Arme senkte und Ragnar zu sich winkte.
Ragnar trat vor.
Mit Asche und Salz zog er den Kreis, den heiligen Schutz, um die Stätte.
Er rief die Winde an – Nord, Ost, Süd und West – auf dass sie Stärke, Licht, Leben und Weisheit schenken mochten.
Seine Worte klangen alt und ehrfurchtgebietend, getragen von uralten Zungen.
Runen glühten kurz in der Luft, als er ihre Namen sprach.
„Der Kreis ist vollendet“, murmelte er schließlich, und Haldron nickte langsam.
Nun trat Tarsnjor vor.
Mit ruhiger Stimme bat sie die Geister, Grimlas Spross sicher zu leiten, legte Fleisch und Knochen nieder, und ein Samenkorn.
Aus dem Tod sollte neues Leben wachsen, sprach sie, und „Aus Grima möge einst ein neuer Spross hervorgehen„.
Der Wind erhob sich kurz, als hätte er geantwortet.
Dann folgten die Opfergaben.
Tyra legte heilige Engelsflügel nieder – ein Zeichen, das selbst vom Feind der Engel gefallen war , nun aber dem Frieden dienen sollte.

Ragnar brachte Nüsse dar, „damit der auf seiner Reise nicht hungern müsse“.
Tarabasch goss Met und Tabak in die goldene Schale und mischte sein Blut hinzu, um Schutz zu gewähren.
Rashka legte ein kunstvoll geschmiedetes Messer bei – den Vaenkniv, Symbol seiner Sippe – und sprach, dass der Hirsch für immer eine Stimme bei den Thrymm’tack haben solle.
Bjornar trat schließlich vor, mit finsterem Blick, und sprach vom Hass, vom Grimmbaum und davon, dass auch dieser Hass seinen Weg finden müsse, ehe er Frieden finden könne.
Jetzt trat Yngvildr vor.
Sie senkte sich leicht, ihre Hände griffen nach einem Haufen frischer Erde, den sie auf den Boden legte.
Mit einem sanften Lächeln steckte sie ein paar Samen hinein.
Yngvildr: „Damyt dey och bej de Ahnen et wachsjen lassn konnst.“
Die Versammelten hielten den Atem an.
Ihre Gabe war das Leben selbst – aus der Erde und den Samen sollte etwas Neues entstehen, eine Brücke zwischen den Lebenden und den Geistern der Ahnen.
Das Licht der Flammen ließ die Erde glühen, als ob die Samen die Kraft der Ahnen in sich aufnahmen.
Schweigend trat nun Gwendolyn hervor. Sie legte Blumen nieder und flüsterte:
„Nimm etwas Schönheit dieser Erde mit.“
Dann legte sie ihre Hand auf den Boden und sprach ein Gebet, ihre Stimme bebend:
„Wollt ihr ihn sehen, so schließt die Augen.
Wollt ihr ihn hören, so lauscht dem Wind.“
Eine Träne glitt über ihre Wange, als sie zurücktrat.
Haldron trat wieder hervor, träufelte Gletscherwasser über den Leib des Hirsches und schnitt sich die Hand.
Blut tropfte auf das weiße Fell.
„Nicht, weil wir vergessen“, sagte er, „sondern weil du dorthin gehörst, wo Reinheit nicht erschlagen wird.“
Dann entzündete er mit seiner Fackel das Holz.

Rashka, Tyra, Ragnar, Tarsnjor, Yngvildr, Gwendolyn und die anderen folgten.
Eine nach der anderen loderten die Flammen auf, bis sie den Leib des Hirsches umfingen.
Freyja begann zu singen – leise erst, dann getragen von Trommeln, Wind und Stimmen.
„Wir binden den Kummer,
wir heben das Haupt.
Aeiti ist nah, Grimla ist Grund.
Aus Schnee wird Saat,
aus Schmerz Verständnis,
dein Segen verweilt –
und lebt in uns.“
Ragnar hob die Stimme und rief die Ahnen, die Wächter des Übergangs, die Mütter aus Staub und die Väter aus Donner.
Seine Worte hallten zwischen den Bäumen, als sich Rauch und Nebel zu bewegen schienen.
„Das Kind kehrt heim!“, rief er, und der letzte Trommelschlag verklang.
Tarsnor spracht auch noch einige Worte

Langsam sank Stille über die Lichtung.
Die Flammen fraßen sich durch Holz und Fleisch, bis nur noch Asche blieb.
Haldron stand reglos, das Licht der Glut spiegelte sich in seinen Augen.
„Die Welt atmet schief seit dem Blut im Schnee“, sprach er leise. „Der Norden hat nicht zugestimmt.
Dann senkten alle die Häupter.
Der Rauch stieg auf – trug vielleicht die Seele mit sich.
Und über ihnen rauschte der Wind – als Antwort der Ahnen.
In der kalten Dämmerung sammelten sie sich, die Barbaren des Nordens und Gwendolyn

Ihre Atemzüge wurden zu Nebel, als Haldron schweigend den Bottich zur Seite schob und jedem eine Fackel reichte.
Einer nach dem anderen nahm sie entgegen – Tyra, Ragnar, Tarsnjor, Rashka, Gwendolyn, Bjornar, Tarabasch.
Der Kreis schloss sich.
Die Flammen der Fackeln warfen zitternde Schatten auf den gefrorenen Boden, auf den Leib des weißen Hirsches, der still in der Mitte lag – Grimlas Spross, Wächter des Gleichgewichts.
Als alle standen, hob Haldron die Arme.
„Der Norden schweigt, wenn Heiliges fällt“, sprach er, und seine Stimme trug über das Schweigen der Versammelten. „Heute schweigt er laut.“
Er erzählte vom Atem des Waldes, vom Herz des Winters, vom Stolz, der gefallen war, und davon, dass Licht, das tötet, Schatten auf alles Leben wirft.
Jeder Blick folgte ihm, als er die Arme senkte und Ragnar zu sich winkte.
Ragnar trat vor.
Mit Asche und Salz zog er den Kreis, den heiligen Schutz, um die Stätte.
Er rief die Winde an – Nord, Ost, Süd und West – auf dass sie Stärke, Licht, Leben und Weisheit schenken mochten.
Seine Worte klangen alt und ehrfurchtgebietend, getragen von uralten Zungen.
Runen glühten kurz in der Luft, als er ihre Namen sprach.
„Der Kreis ist vollendet“, murmelte er schließlich, und Haldron nickte langsam.
Nun trat Tarsnjor vor.
Mit ruhiger Stimme bat sie die Geister, Grimlas Spross sicher zu leiten, legte Fleisch und Knochen nieder, und ein Samenkorn.
Aus dem Tod sollte neues Leben wachsen, sprach sie, und „Aus Grima möge einst ein neuer Spross hervorgehen„.
Der Wind erhob sich kurz, als hätte er geantwortet.
Dann folgten die Opfergaben.
Tyra legte heilige Engelsflügel nieder – ein Zeichen, das selbst vom Feind der Engel gefallen war , nun aber dem Frieden dienen sollte.

Ragnar brachte Nüsse dar, „damit der auf seiner Reise nicht hungern müsse“.
Tarabasch goss Met und Tabak in die goldene Schale und mischte sein Blut hinzu, um Schutz zu gewähren.
Rashka legte ein kunstvoll geschmiedetes Messer bei – den Vaenkniv, Symbol seiner Sippe – und sprach, dass der Hirsch für immer eine Stimme bei den Thrymm’tack haben solle.
Bjornar trat schließlich vor, mit finsterem Blick, und sprach vom Hass, vom Grimmbaum und davon, dass auch dieser Hass seinen Weg finden müsse, ehe er Frieden finden könne.
Jetzt trat Yngvildr vor.
Sie senkte sich leicht, ihre Hände griffen nach einem Haufen frischer Erde, den sie auf den Boden legte.
Mit einem sanften Lächeln steckte sie ein paar Samen hinein.
Yngvildr: „Damyt dey och bej de Ahnen et wachsjen lassn konnst.“
Die Versammelten hielten den Atem an.
Ihre Gabe war das Leben selbst – aus der Erde und den Samen sollte etwas Neues entstehen, eine Brücke zwischen den Lebenden und den Geistern der Ahnen.
Das Licht der Flammen ließ die Erde glühen, als ob die Samen die Kraft der Ahnen in sich aufnahmen.
Schweigend trat nun Gwendolyn hervor. Sie legte Blumen nieder und flüsterte:
„Nimm etwas Schönheit dieser Erde mit.“
Dann legte sie ihre Hand auf den Boden und sprach ein Gebet, ihre Stimme bebend:
„Wollt ihr ihn sehen, so schließt die Augen.
Wollt ihr ihn hören, so lauscht dem Wind.“
Eine Träne glitt über ihre Wange, als sie zurücktrat.
Haldron trat wieder hervor, träufelte Gletscherwasser über den Leib des Hirsches und schnitt sich die Hand.
Blut tropfte auf das weiße Fell.
„Nicht, weil wir vergessen“, sagte er, „sondern weil du dorthin gehörst, wo Reinheit nicht erschlagen wird.“
Dann entzündete er mit seiner Fackel das Holz.

Rashka, Tyra, Ragnar, Tarsnjor, Yngvildr, Gwendolyn und die anderen folgten.
Eine nach der anderen loderten die Flammen auf, bis sie den Leib des Hirsches umfingen.
Freyja begann zu singen – leise erst, dann getragen von Trommeln, Wind und Stimmen.
„Wir binden den Kummer,
wir heben das Haupt.
Aeiti ist nah, Grimla ist Grund.
Aus Schnee wird Saat,
aus Schmerz Verständnis,
dein Segen verweilt –
und lebt in uns.“
Ragnar hob die Stimme und rief die Ahnen, die Wächter des Übergangs, die Mütter aus Staub und die Väter aus Donner.
Seine Worte hallten zwischen den Bäumen, als sich Rauch und Nebel zu bewegen schienen.
„Das Kind kehrt heim!“, rief er, und der letzte Trommelschlag verklang.
Tarsnor spracht auch noch einige Worte

Langsam sank Stille über die Lichtung.
Die Flammen fraßen sich durch Holz und Fleisch, bis nur noch Asche blieb.
Haldron stand reglos, das Licht der Glut spiegelte sich in seinen Augen.
„Die Welt atmet schief seit dem Blut im Schnee“, sprach er leise. „Der Norden hat nicht zugestimmt.
Dann senkten alle die Häupter.
Der Rauch stieg auf – trug vielleicht die Seele mit sich.
Und über ihnen rauschte der Wind – als Antwort der Ahnen.