Bjornar

Rollenspielforum für Geschichten.
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Bjornar
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Der Schrei

Beitrag von Bjornar »

Als er nach einer kurzen blauen Stunde heimkehrte, stand es da. Fertig! Die Alben und Kobolde mussten das Bau-Wunder in einer einzigen zauberhaften Nacht vollbracht haben. Ein Haus. Sein Haus! Er hatte es herbeigeträumt, sie hatte es herbeigesungen. Der Runenhase huschte um die Ecke des Gartenzaunes und verschwand im Wald. Er gluckste fröhlich und winkte ihm nach. Hier würde er glücklich sein. Das Kinderlachen hatte er in der Traumvision bereits gehört. Es hallte noch in seinen Ohren.

Er ging hinein. Klopfte prüfend auf die hölzernen Wände. Starke Balken, die die Musik wärmer und schöner zurückwerfen würden. Er stampfte auf die Bodendielen. Ein großer Hohlraum lag darunter. Die Winterhöhle, die er suchte! Er musste nur noch den Eingang aufbrechen.

Das Haus war mächtig und leer. Ein paar Dinge fehlten noch. Fenster und Türen. Pelze auf dem Boden, ein prasselndes Herdfeuer. Volle Vorratskammern und Vieh.

Menschen.

Lachen.

Lieder.

Kleinigkeiten! Das würde sich bald alles einrichten. Es würde wie von allein herbeikommen.

Er ging wohlgemut aus dem Haus, sich ausmalend, was hier noch so alles auf ihn zu käme? Er würde nie fertig werden, mit dem Bauen, solang das Haus lebt. Das hatte der Schmied ihm gesagt. Er zuckte mit den Schultern. Wohlauf! Noch lag es stumm. Aber er würde ihm schon Leben eintreiben! Voller Tatendrang machte er sich auf die Suche nach denen, die ihm dabei helfen werden.

Wie ihm das Bauwerk beim Fortgehen so in den Rücken starrte! Mit seinen blinden Augenhöhlen und dem aufgerissenem Tor-Maul, dem ordentlich gescheitelten Dach. Es schnüffelte ihm nach, wie ein brünstiger Eber. Lag da ein hungriger Riese, kurz vor dem Erwachen?

Seine Brust hob sich schneller und schneller. Er sah sich rings um, erblickte Fjord, Berge und Wälder.
Das Dröhnen von Haldron’s Opfertrommeln begann in seinen Ohren zu hämmern.

Er wusste nicht warum, er wusste nicht woher, aber aus den tiefen seiner Kehle entrang sich:

Ein Schrei!


Bjornar - Der Schrei.png



***


Musik:
Franz Schubert. Schwanengesang D.957 - Der Doppelgänger (Heinrich Heine)
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Bjornar
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Wild und Wilder

Beitrag von Bjornar »

Was gestern Nacht in der Klamm zu den Nordlanden wirklich geschah

💀 💀 💀


:roll: :roll: :roll:
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Bjornar
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Ehrloser. Erlöser.

Beitrag von Bjornar »

In diesen Tagen begleitete er Segimer des öfteren, wenn der mittels Traumreisen auf den Geisterpfaden der kleinen Tarsnjor den Weg weisen musste. Gleichzeitig hatte die Wilde Jagd getobt. Heute hatte er Aleya's Lied darüber gehört, zusammen mit Almina waren sie wohl die ersten, die dem wundervoll traurigen Gesang lauschen durften. Er hatte dies als Aleyas Abenteuer gefeiert, sie geherzt und sich über ihre Rückkehr gewaltig gefreut. Er hatte ihr seinen Neid gestanden, dass er selbst nicht von der Jagd geholt worden war. Sie hatten gelacht darüber. Aber in einem Jahr, da würde es sicher eine neue Gelegenheit geben, mit den Verfluchten über den Nachthimmel zu reiten. Ob er dann wohl dabei sein konnte?

Worüber keiner Lachen konnte, war der Tod des Weissen Hirsches. Aleya und Ynge und Freyja waren gleich besorgt, als er ihnen sagte, dass er sich von Cataleya eine Sense hatte schmieden lassen. Zu einem teuren Preis, gewiss? Seine Seele etwa? Was soll das schon sein! Er war überzeugt, dass er mit so einer Waffe eine Bluternte einfahren konnte, groß genug, um Grimlas Lebensgeist zu nähren und zu stärken, für seine Reise, für die Rückkehr seines Segens nach Fjellgat.
Eifrig jagte und opferte er den beiden Grimmbäumen. Eifrig genug, dass er nach wenigen Tagen bereits wieder zu Cataleya gehen konnte, mit ausreichend Blutsteinen in der Hand, die Sense zu erwecken. Diese opferten sie am geheimen Keller-Altar der Blutgöttin und mischten ihre eigenes dabei. Die Waffe begann zu singen und hatte nun auch einen Namen.


EHRLOSER...



Chaos Bjorni.png



Das hatte Bjornar verstanden, so lautete die Namensrune der Waffe. War er Opfer eines grausamen Streichs der hinterlistigen Cataleya geworden? Sollte er mit einer Waffe der Schande durch die Welt ziehen? Die Schande, dass er den Johtar Rashka allein gelassen hatte, nicht mit ihm gemeinsam den Grimla-Spross beschützt hatte? Zu zweit hätten sie das Leben des Heiligen Tieres bewahren können, gewiss! Er war ganz in der Nähe gewesen.
Bevor sich aus seiner Verwirrung der Zorn entladen konnte, klärte Cataleya das Missverständnis auf. Er hatte falsch gehört.



ERLÖSER...!



So hieß die Rune auf der Waffe in Wirklichkeit! Sie würde die Sonnen-Ritter erlösen, von ihrem Wahnsinn. Sie würde das Blut seiner Opfer von der Gefangenschaft in ihren Körpern erlösen. Sie würde ihn stärken und von den Wunden im Kampf erlösen. Sie würde den Norden erlösen von allen Fremden, die dort nichts verloren hatten. Und noch mehr, sagte sie, aber das verstand er nicht, es war ihm egal.

Man floh vor ihm nun im Norden.
Man mied ihn, das spürte er.
Man hörte auf seine Warnungen.
Das war neu.

Es war seltsam, als er seine Reflektion im klaren Eis des Gletschersees sah, wie er so da stand, ganz ruhig, ein grimmer Wächter des Nordens, da erkannte er sich selbst kaum wieder.



Chaos_Bjorni.png


Erst recht erkannte er sich nicht wieder, als er daheim war. Zusammen mit Freyja, ohne Waffe, ohne Rüstung und all das....

Da war er so lieb und liebevoll. Da war er so froh und fröhlich! Mehr noch, als zuvor. Da war er einfach Bjornar. Aber einer, den wohl die wenigsten da draussen überhaupt noch zu sehen bekämen oder finden konnten, hinter der Maske, vor der Klinge.

Vielleicht, vielleicht hatte er sich ja doch nicht so sehr geirrt, als er sich verhört hatte, bei der Namensgebung der Waffe. Vielleicht lagen die beiden Dinge auch einfach wirklich zu dicht beeinander.

Verwirrt von alledem, der Kälte in seinem Äusseren, der Hitze in seinem Inneren, da liebte er so sehr, wie noch nie zuvor.

Das würde schon alles seine Richtigkeit haben, dachte er. Denn es fühlte sich an, wie der Preis, denn man für eine große Geschichte zu zahlen hatte.
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Bjornar
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Blut für den Lebensgeist

Beitrag von Bjornar »

Blut für den Lebensgeist.png


Seine Seele brannte. Das Fell des blutigen Hirschkopfs auf seinem eigenen Schädel stank nach Mord und Rauch, das Geweih schnitt in die Stirn. Der Zorn über den Verlust des Grimla-Sprosses stand ihm im Nacken. Vor die Tore! Soviel hatten ihm die Greifen erfolgreich eingebläut, kein Schwert-Tanz in der Stadt. Vor dem Tor Nebelhavns lauerte er, wartete, hob die Sense gegen den Schänder. Zur Antwort: Verfluchtes Feuer des Herrn zerbarst auf ihm, fraß durch Haut und Leder, riss ihm die Kraft aus den Knochen, bis der Boden ihn nahm und sein Atem nur noch dampfend in den Kies troff. Das gleiche Feuer, dass den Hirsch verschlang.
Der Ritter wich zurück, doch die Brandwunden des Nordmanns trieften, offen wie ein Quell. Er war auf dem Weg zu den Ahnen, glorreich gefallen. Lange vergoss er freigiebig sein Blut, es würde die Grimmen Wurzeln nähren, den Hirschgeist stärken auf dessen Weg. Aber Aeiti half: Weißer, heilender Nebel rollte heran, schmerzstillend, süßlich wie Eisen, gab dem Zorn Nahrung—und der Leib gehorchte wieder, krümmte sich, stand. Die Sense kratzte eine Blutspur in den Weg. Das Tier in ihm hob den Kopf. Der Ritter noch immer nahe, wich zurück.
Er witterte, jagte. Der Hufschlag, die Rüstung, das Schaben der Sporen: Ziel. Er sprang, riss den Mann aus dem Sattel, beide im Geröll, Fäuste, Knöchel, Zähne. Seine Arme schlossen sich wie eine Bärenfalle. Der Stahl des Gegners stieß, der Atem roch nach Blut. Der Ritter stemmte, hievte, suchte Hebel; Bjornar presste, würgte, sein Puls hämmerte ihm das Kriegslied in die Schläfen.
Er heulte. Der Wald antwortete, und Waelbjarn kam—Fell, Gewicht, Speichel, die Erde bebte unter den Tatzen. Gemeinsam drängten sie den Gepanzerten. Gebete rissen Lichtfetzen in die Luft, doch das Brummen in Bjornars Brust trieb ihn weiter, bis die Muskeln zu brennen begannen.
Der Ritter rang sich frei, kam wieder in den Sattel. Das Schlachtross stob. Bjornar taumelte hinterher, Schritt, noch ein Schritt—die Welt kippte. Knie in den Dreck, Pranken griffen in die Luft, Blut im Mund. Der Körper verweigerte den Krieg; der Wille nicht. Dann riss es ihn endgültig zu Boden. Der Bär hob ihn, zäh und steif, und schleifte den Herzriesen heimwärts, während der Feind im Galopp davontrug.
Zurück blieb der Geschmack von Asche und Hass—und die Gewissheit, dass die Jagd nicht beendet war. Die Sense hatte das Blut des Schuldigen gekostet.
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