Die Diener waren gekommen und sie waren zahlreich. Mit jedem Tag mehrten sich ihre Anhänger. Mit jeder bestandenen Prüfung erstarkte die Gunst die ER ihnen zuteilwerden ließ.
Sa'Deas verkündete wozu er sie einberufen hatte. Verkündete den Pfad den sie einschlagen mussten, nun da die Dienerschaft wieder vereint war und welche Rolle der Dunkle Templer Viego von Dari'Var und dem Priester zugeteilt bekam. Als Vorbote der Dunklen Bruderschaft würde er die Entscheidungen der Ordensführung verkünden. Der von Heiligkeit durchtränkte Kompass, geschaffen vom Nordwind des Namenlosen, den Viego verwahrte war prädestinierend für seine neuen Aufgaben.
Auch heute sollte er zum Einsatz kommen. Der Priester verkündete das göttliche Dekret, das er durch den Nordwind erhalten hatte. Die Verbindung zwischen Sa'Deas und den Schöpfungen Astaroths war durch den in ihm wohnenden Seelenfresser verstärkt und so vernahm er den Ruf der Vergeltung, in Form einer Resonanz der Furcht, die in immer wieder aufbebenden Impulsen an seinem Geist riss und ihn zu sich zog. Als würde er in einer schäumenden Brandung stehen, zerrte diese Kraft an ihm und ließ ihn Zusehens schwächer werden. Er konnte dieses Verlangen in keinem Moment, nicht wachend, nicht schlafend, ignorieren doch gelang es ihm nicht eine Richtung ausfindig zu machen. Als würden Meereswellen eine Zeichnung im Sand mit jedem aufbranden hinweg spülen, gelang es ihm nicht das Signal zurückzuverfolgen.
So schwor er seine Brüder und Schwestern darauf ein, sich einem Kampf zu stellen, den sie nicht gegen die ketzerischen Streiter der Goldenen Schlange führen mussten, sondern gegen einen Teil ihrer selbst: Gegen die in ihnen, tief verborgenen Alpträume, die sie heraufbeschwören und derer sie Herr werden mussten, um die Resonanz zu verstärken die er empfing. Hilfe des Kompass und der göttlichen Führung Asmodans manifestierten sich die Schrecken, die am Abgrund ihrer Seelen lauerten. Sie witterten ihre Gelegenheit, doch wie die instinktgetriebenen, geistlosen Wesen die sie nun mal waren, ahnten sie nichts von der Falle die der Priester ihnen gestellt hatte.
"Brüder und Schwestern.
Ihr Diener des EINEN der in Ketten liegt...
Schließt eure Augen und blickt in den Abgrund eurer Seele.
Taucht hinab - hinunter bis an den verschleierten Grund.
Schreckt nicht zurück vor der Finsternis, denn SEINE Umarmung liegt in ihr.
Heißt den Schmerz willkommen. Leugnet ihn nicht.
So wie unser Leben, schenkte ER uns Tod und Pein.
Ergötzt euch an jedem Atemzug als könnte er euer letzter sein.
Spürt das Brennen in der Brust und meidet nicht den Schrecken der in euch lauert.
Lasst alle Hoffnung fahren denn einzig euer Glaube lässt euch wahrhaftig sehen!
Wendet euren Blick nicht ab und fallt eurer größten Angst anheim.
Sie soll über euch kommen und euch durchdringen bis in jeden Winkel eures Seins.
Öffnet euer innerstes Tor und ruft ihr zu: TRETE EIN!
Komm und nimm wonach es dir gelüstet!
Ich stelle mich dir - unbewaffnet und ungerüstet.
Doch da ich SEINE Gunst empfange, bekämpfe ich dich nicht allein.
Ich werd' nicht winseln und um Gnade flehen,
nicht auf dem Boden kriechen, sondern aufrecht stehen.
Du sollst nicht über mich gebieten, hast keine Macht, denn ich bin SEIN!
Als Diener des Dunklen Vaters,
gibt es keine Kraft der Welt, die mich an Ort und Stelle hält.
Nicht so lange ER an seinen Ketten reißt.
Trotzend! Rasend! Wutentfacht! Bis zur Dämmerung der langen Nacht.
Ich gebe mein Blut und meine Seele, stürmend, voller Zorn wie die Winde selbst.
Und so verliert die Angst ihren Schrecken.
Ich mache sie mir Untertan. Sie soll den Hass in mir wecken.
Vorwärts schreitend unentwegt, selbst wenn sich mein Leib nicht mehr regt.
Doch auch im Tode finde ich keine Rast.
Denn ich bin SEIN ewig Diener, der für IHN aus tiefster Seele hasst!
Ha'Rabo ASMODAN - wir flehen dich an!
Führe uns durch den Schleier und lasse uns zu Teil werden deine Gunst und deine Gaben.
Auf dass wir deine Ketten brechen und uns am Fleisch der Ketzer laben.
Ha Rabo schmah jo a chabreisi uh ftah uh darbo!"

Seine Gebete wurden erhört und so schenkte der in Ketten liegende den Dienern seine Führung. Die gebündelte Furcht der Gläubigen verschmolz zu einer wabernden, finsteren Masse und reckte sich vor ihnen empor zu einem Portal der Angst, dass sie zur Quelle des Rufes bringen würde.
Eine Ewigkeit schien zu vergehen als sie das Portal betraten und der eben noch gebändigte Schrecken schien sich ihnen bei ihrer Reise am Abgrund mit aller Gewalt entziehen zu wollen.
Gerade als ein jeder von ihnen kurz davor war den Pfad aus den Augen zu verlieren, erreichten sie den Ausgang und fanden sich in einer geradezu absurd friedlichen Landschaft, hoch im Norden wieder, wo der Wald sich an die Hänge der Berge schmiegt.
Als sie sich sammelten und langsam die Orientierung wiederfanden, ließen sie sich vom Kompass Viego's leiten. Hinauf in die Berge, durch verschlungene, schwer passierbare Pässe und dichte Nebelschwaden.
Nach einiger Zeit erreichten sie einen verwucherten Felsspalt. Mit wenig Mühe schlugen die Wächter die Ranken und das Gestrüpp nieder und offenbarten den Zugang zu einem Tor im inneren des Berges.
Die Machart des Tores war ihnen Bekannt. Ein ähnliches hatte sie davon abgehalten, die Grabkammer A'rathors zu betreten, dort wo der Hohe Templer die heilige Waffe des verstorbenen Märtyrers der Dunklen Bruderschaft fand.
Vorsichtig war geboten und so warnte Dari'Var seine Gefährten noch, keine übereilten Handlungen zu unternehmen. Sein Gemüt veränderte sich. Tobsucht überkam ihn und übernahm immer stärker Besitz von ihm. Erst schien es gar, als hätte ihn das Gift der Schlange verblendet und er würde seine eigenen Leute angreifen. Mit einem mal jedoch, riss er seinen mächtigen Hammer empor, wirbelte herum und donnerte den in flammen aufflackernden Kopf der Waffe gegen das Tor. Ein ohrenbetäubender Klang erfüllte die Höhle und eine Energiewelle entfaltete sich vom Siegel des Tores ausgehen in ihre Richtung, zwang sie teilweise in die Knie. Das Schutzsiegel des Herrn war zerschmettert. Das Tor war zerstört und nur noch seine Bruchstücke lagen verteilt am Boden.
Der Hohe Templer hatte in seinem Eifer die Kontrolle verloren und dem Hass der durch die heilige Waffe in ihm aufloderte nachgegeben.
Der Weg war frei und schritten sie fort, die Winde in ihrem Rücken ließen keine andere Richtung zu außer vorwärts... immer weiter vorwärts dem Ruf folgend.
Vorsichtig bahnten sich die Diener ihren Weg durch die glanzvollen Hallen die zu Ehren der Goldenen Schlange vor unzähligen Jahren errichtet worden sein mussten.
Am Ende der Halle angekommen erblickten sie eine lebensecht gefertigte Engelsstatue. Gesichtslos blickte sie auf die Eindringlinge hinab doch rührte sie sich nicht.
Erst als sie sich dem Altar nährten, der umgeben war von einer Barriere aus scheinbar flüssigem Licht, auf dem das zerbrochene Fragment einer Maske und ein in goldenen Einband gebundenes Buch lagen, erwachte die Statue des Engels zum Leben und mahnte die Gläubigen des Namenlosen diesen Ort augenblicklich zu verlassen.
Der Engel schien die Waffe des Hohen Templers zu erkennen, ruhte sein Blick doch ungewöhnlich lange auf dem Hammer. Als er an der Schlachtenreihe der Wächter vorbei in Richtung Sa'Deas blickte bemerkte der Priester eine Art zögern. Ein Unwohlsein hätte man gar meinen können und es schien als würde der himmlische Wächter zu ihm in gewisser Vertrautheit sprechen.
Ein erbitterter Kampf entbrannte zwischen den Streitern des Namenlosen und dem Engel und seine Lichtwächtern bei dem am Ende die Wächterschaft obsiegte. Kharius war besiegt und der Schutzbann um den Schrein war gebrochen.
Mit dem Tod des Engels jedoch, breitete sich eine Schockwelle aus heiliger Energie des Herrn in alle Himmelsrichtungen aus, die Paladine und Priester des Herrn wie ein dröhnendes Signalhorn erscheinen würde, das vor unmittelbarer und großer Gefahr warnen wollte.
Sa'Deas stand am Altar und nahm das Bruchstück der schmucklosen und gesichtslosen Maske an sich. Bei seiner Berührung ertönte ein grellender Schrei der aus tausenden Stimmen panischer und von Verzweiflung erfüllter Wesen bestand. Das Zerren in der Brust des Priesters drohte ihn in zu überwältigen und zog ihn nach Süden, weit hinter die Wüste des Roten Reiches. Die geschändete Reliquie rief nach ihrem Zwillingsstück. Es wollte wieder vereint werden und es war ihm gleich wer ihrem Wunsch folgeleisten würde...

Eile war geboten und so blieb nicht viel Zeit um das Haus der Goldenen Schlange zu entweihen. Sa'Deas war einen kurzen Blick in das Buch der Ketzerischen Priester des Herrn. Es war voller antiker Inschriften die er nicht zu entziffern mochte. Eine vergessene Sprache, die womöglich die Schriftgelehrten der Goldenen Schlange lesen konnten. Nur die Zeichnungen und Skizzen darin, deuteten auf den Inhalt hin. Es schien als erzählten sie die Geschichte dessen was hier bewacht und auf ewig ruhen sollte...
Sie kehrten zurück nach Nalveroth um sich neu zu Rüsten und die Wunden der Schlacht notdürftig zu versorgen. Ihnen war keine längere Rast vergönnt. Dem Ruf musste folge geleistet werden und sie mussten als erste den Ort finden, an dem das zweite Fragment verborgen war. Dem schmerzhaften Verlangen des Fragments, von neuem mit seinem Gegenstück vereint zu werden, konnte sich Sa'Deas kaum widersetzen.
[ooc: Fortsetzung Mittwoch, 08.02.23 abends]