Bjornar

Rollenspielforum für Geschichten.
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Bjornar
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Unschuld und Ekel

Beitrag von Bjornar »

Szene 1: Die unerwünschte Begegnung

ER: (angewidert) Iiiihhhhhh!
SIE: Ich musste sofort an dich denken, als ich es gesehen habe...
ER: (skeptisch) An mich?
SIE: Es ist genauso... schön wie du.
ER: (gerührt) Wirklich?
SIE: Ich habe es extra für dich gefangen! (stolz präsentierend)
ER: (entsetzt) Lass es sofort frei!

Ein seltsames GLUCKSEN ertönt, als sich das Undefinierbare Ding ihm nähert.

DAS DING: (schwabbelnd, glucksend)
ER: (fasziniert) Wo ist bei dem Ding eigentlich vorn und hinten?
SIE: (genervt) Find's selbst heraus!
ER: (schnuppert vorsichtig) Es riecht... überall gleich... vorn und hinten…
SIE: Genau wie du.
DAS DING: Blibbbllbblblblbliiibll...
ER: (erstaunt) Es kann fast sprechen!
SIE: Ich sagte doch, es erinnert mich an dich.

Er stupst das Wesen vorsichtig an. Es reagiert mit einem donnernden, ohrbetäubenden Geräusch.

ER: (begeistert) Hoar! Es mag mich!
SIE: (würgt) Das wird deinem neuen Freund sicher gefallen.
ER: (triumphierend) HOAR! Siehst du?

Das Wesen sabbert und wird von Gerüchen aus seinem Proviantbeutel angelockt.

ER: Willst Ogerdarm probieren?

SLURRRPPP - Das Ding schlürft den Darm wie eine Spaghetti.

SIE: Auch im Geschmack ähnelt ihr…

Er hält ihm einen Pfirsich hin. PHHLUMP! Das Ding saugt die Frucht ein und schluckt sie lautstark am Stück hinunter.

ER: (beeindruckt) Es hat einen ausgezeichneten Geschmack! Was passiert, wenn ich es hier kitzle?

Das Ding gibt ein tiefes, vibrierendes Geräusch von sich, während sich ein seltsamer Fortsatz versteift.

ER: (unschuldig) Das gefällt ihm wohl!
SIE: (schluckt schwer, zieht Grimasse) Wie ich bereits erwähnte...

Er zieht vorsichtig an einem tentakelartigen Anhängsel.

DAS DING: FHTAGN!!!!!
ER: (Nerdlachen) Hch... hch... HCHHCHHCH!
Es sieht kräftig aus!
Ob es mich wohl trägt?

Ohne zu zögern springt er auf das Wesen.
Das Ding rennt wie von Sinnen durch die Gegend und stößt überall an, während er verkehrt herum darauf sitzt und sich an dem pulsierenden Fortsatz festhält.

SIE: (lacht schallend) HARHARHARHAR! Du musst dem Ding unbedingt die ganze Insel zeigen!

Das Ding rennt unkontrolliert davon, er fest im "Sattel", seine Beine schleifen auf dem Boden.


Szene 2: Begegnungen

Der freundliche Zwerg
ZWERG: (würgt) Widerlich! Ich mache Hackfleisch aus dem Vieh und serviere es dir zum Abendessen! Hau bloß ab!

Die verführerische Nymphe
NYMPHE: (erschrickt) Iiih! Du hast mich zu Tode erschreckt!
ER: (grinsend) Wer hat dich mehr erschreckt? Ich oder mein Schwabbel?

Der neue Freund
FREUND: (nickt eifrig und gibt zustimmende Geräusche von sich) Hoar!
DAS DING: (nickt eifrig und gibt zustimmende Geräusche von sich)

Der beste Freund
BESTER FREUND: Ich bezweifle, dass sie es dir aus Zuneigung geschenkt hat.
ER: Doch, hat sie!

Die neugierige Studentin
STUDENTIN: (fasziniert, Tuch vor dem Mund) Was für ein außergewöhnliches Exemplar... (kommt näher, von Neugier gepackt)
FRETTCHEN DER NEUGIERIGEN STUDENTIN: (übergibt sich wiederholt)

Der noble Paladin
Der Paladin legt wortlos seine Lanze an, bereit zum Kampf.

Mutter und Kind
MUTTER: (panisch) Ahhh! Lauf, Kind, lauf!
KIND: (wie angewurzelt, starrt fasziniert)
MUTTER: (flieht in Panik)
ER: (zu dem Kind) Es mag Zitronen! (reicht einen Haufen fauliger Zitronen)
KIND: (hält zaghaft eine Zitrone hin)
PHHLUMP! Das Ding verschluckt die Zitrone ganz.
DAS DING: Iiiiieehhhh... brrrrrbrrr... (verzieht das Gesicht, will aber noch eine)
KIND und ER: (lachen zusammen) Hchchch...

Der aufgebrachte Mob, Mutter
STIMMEN AUS DER MENGE:

MOB: "Da ist das Untier!"
MUTTER: "Rettet mein Kind!"
MOB: "Tötet das Monster!!"
Mob mit Fackeln und Spießen nähert sich bedrohlich.
 


Szene 3: Die Erkenntnis

ER: (dankbar) Danke für das beste Geschenk meines Lebens!
ER: (hoffnungsvoll) Das heißt wohl, du hast mich wieder lieb?
SIE: (verdreht die Augen, seufzt resigniert)

 


Epilog: Nächtliche Geheimnisse

Später am Abend, allein im Stall, murmelt das Ding geheimnisvolle Worte in einer unbekannten Sprache:

DAS DING: (leise, fast hypnotisch) R'lyeh wgah'nagl fhtagn...


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Zuletzt geändert von Bjornar am 30 Mai 2025, 02:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Bjornar
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Das Orakel der drei Weiber

Beitrag von Bjornar »

Ort: Am Thingplatz, vor dem Opferschrein, kurz vor Mitternacht. Nur Glut, Tannenduft und der ferne Atem der Bären, die als Zeugen kamen.
________________________________________

Segimer: „Hör zu, Werager: Urd is’ de Alte – se kennt all das, was schon war. Gib ihr Blut, Haar oder Spucke, dann flüstert sie dir dein Vergangnes. Verdandi is’ de Mutter – se sieht, was grad is. Was du Urd opferst, teilt se mit ihr und zeigt dir dein Jetzt. Skuld is’ die Jüngste – se lauscht dem, was noch kommt. Doch erst will se deine heimliche Schuld hören, laut in frischen Wind gesprochen. Zieh ihre Runen der Reihe nach, zahl ihren Preis, dann reden die drei Weiber: Vergangn — Gegenwart — Weg, der vor dir liegt.“

Segimer schüttelt den Lederbeutel, das Klackern der Holzplättchen mischt sich mit seinem tiefen Kehlgesang.

Segimer (leise): „Denk tief an dein Wissenswunsch, Bjornar … lass ihn neyt entwischen… “
Bjornar (legt die Stirn in Falten, atmet tief): „Was is’ mit mir neyt recht? Warum das Loch im Kopp … un warum tun meine Hände Dinge, die jeg neyt will?“

Segimer öffnet den Beutel nur einen Spalt. Bjornars Faust taucht hinein und zieht das erste Blättchen.

ᛟ Othala

Rune_Othala_beige.png

Segimer hält die Rune hoch, die Flamme zeichnet einen Kreis aus Licht in das A förmige Zeichen.

Zauberspruch (flüsternd) „Oþala byþ ofer leof æghwylcum men … – Teuer ist Erbe einem jeden, der’s mit Recht bewahrt.“

Er legt das Plättchen vor sich.

Segimer: „Erbe – oder Bürde. Was Altes klebt an deim Blut, Bjarnson. Vielleicht Gabe, vielleicht Fluch. De sagst, de kennst dein Menscheneltern nicht? Vielleicht kennt dich een Geist!“
Bjornar (grübelt): „Zwei Modirs ken jeg … Singstimme… ..un… Modirkova … Keine hant myr sagt, wer is meyn Vadr…?“
Segimer nickt: „Dann horch: Solang de ney weest, wess Kin de bist, bleibt das Loch offen.“
________________________________________

Segimer schüttelt erneut, die Rune rauscht wie Flügel. Bjornar greift zu – ein M förmiges Zeichen.

ᛗ Mannaz

Rune_Mannaz_beige.png

Zauberspruch (kehlig) „Maðr er moldar auki; mikil er græip á hauki. – Mensch mehrt die Erde; scharf ist des Habichts Griff.“

Segimer: „De Rune spricht von Gmeinschaft … og von dir selbst, verkehrt herum wie dey se zogst! Hab Acht: Dein Feind hockt in dein Brustkorb. Wenn de dem Stamm – oder dir – die Klauen schlägst, spaltet sich dein Pfad.“
Bjornar (fast flüstern): „Jeg fürcht, jeg werd’ wieder toll und tu’ wem weh …“
Segimer: „Dann find den Platz, der dich bindet, eh‘ der Habicht dich packt!“
________________________________________

Ein drittes Mal klirren die Plättchen. Bjornar zieht einen hölzernen Pfeil.

ᛏ Tiwaz

Rune_Tiwaz_beige.png



Zauberspruch (heiser) „Týr er einhendr áss ok ulfs leifar … – Týr, Einhänder, ist Wolfsverzehr.“

Segimer: „Der Krieger verlangt Opfer. Týr gab seine Hand für Treue; was gibst de, Bjornar? Vielleicht den Wolf in dir, oder den Bjarn, oder den Menschen, um den andern zu retten?“
Bjornar senkt den Blick auf seine Finger: „Wenn’s sein muss … geb jeg vom Herzen…. aber, ist’s denn überhaupt zu machn… kann wer seyn, ohne Herz?“



Segimer richtet die drei Runen in Reihe. Sein Stab tippt jede einmal an, dabei hallt jede Silbe wie Donner in den umliegenden Baumstämmen.

„Erbe sucht Namen,
Mensch sucht Heim,
Krieger sucht Opfer.

Fügst du die Drei, wird der Bär zum Schild
––– oder der Schild zum Riss.“



Segimer: „De bist den Geistern was schuldig, für den Rat.“
Er schneidet dem Krieger den Haarzopf ab, lässt ihn auf die Runen spucken.

Segimer: „Un deine Scham schreist in den Eiswind, wenn de alleene bist und Skuld bei dir spürst“
Bjornar: „Jeg kenn schon, was jeg schreyn werd…“


Bjornar bleibt allein am Feuer. Hinter ihm schnauben die goldschimmernden Bären – Wächter, Spiegel oder Vorboten seines ungeklärten Erbes. Freunde und Verwandte allenfalls. Er dreht die Othala zwischen Daumen und Zeigefinger, als lausche er, ob sie endlich zu sprechen beginnt.


Ort:
Die äusserste, eisigste Klippe in den Pfeifenden Einöden. Ein Sturm peitscht über die See.

Skuld.png
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Bjornar
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Jammern im Jammerfjord

Beitrag von Bjornar »

Drachen vergessen nicht, wer ihnen Schmach zufügt, die Schätze stiehlt, den Nachwuchs schlachtet. Dies sind die Namen, welcher der Wyrm vom Jammerfjord nicht vergessen wird. Sie wirbeln ihm ständig durch den Kopf, wie Schneeflocken aus Groll, die nie schmelzen – und machen ihn nur noch zorniger. Oder: sie machen SIE zornig, muss man ja sagen... denn Frauen hegen zurecht den Groll über ihre erschlagene Brut .... und vergessen diesen Schmerz niemals....

Jammerfjord_Helden.png

(Agalloch, Alec Schwarzdorn, Almina Runa, Armon von Assuan, Athanasius, Bjornar, Cataleya Rho'en, Davind Benheim, Dracon, Dreiden Dabran, Ereth'Lyn,
Gaviel Malore, Kieran, Loohen Dawn, Luinil Ahton, Mirja Vildaban, Mor'dan, Nad'diirn, Orenda, Pandor Vildaban, Ragnar Andersson, Rashka vom Thrymm'tack, Rhonya Rotfuchs, Rinaya, Runa, Sadagar Cronberg, Sejin Lamont, Selenja Aine Vildaban, She'Nala, Sion Vargblod, Sorsha von Schwarzenfels,
Thjondar, Tyra Skjoeldrundottir, Yeva, Yez'na Lua'rae.... sorry, falls mir wer durch den Filter gerutscht ist.
)

Bjornar, der einmal von einer Bärin benannt wurde, weil kein Mensch in der Nähe war, um sich etwas anderes auszudenken, kam diesmal genau wie er es sich vorgenommen hatte rechtzeitig zur Schlacht am Jammerfjord. Diesmal war er wach, wirklich wach, denn draußen donnerte es laut genug, um sogar einen Bjornar aus dem Bett zu holen. Im Dorf traf er auf eine geheimnisvolle Gestalt. „Ich bin verkleidet", sagte die Gestalt und sah dabei sehr geheimnisvoll und eben – verkleidet – aus. Bjornar, wunderte sich, warum jemand sich zu erkennen geben wollte, obwohl er sich absichtlich unkenntlich machte, doch der Gedanke war nicht auszudenken, denn kurz darauf hörte er Tyra laut rufen. Sie rief ziemlich oft und ziemlich laut, aber heute wurde sie direkt von einem Drachen entführt, was Bjornar doch sehr verwunderlich fand, weil er sich recht sicher war, dass man Tyra gar nicht so einfach entführen konnte, außer vielleicht, man war ein Drache. Das war vermutlich ein Hinweis. "Se hat dat Unheil zuerst jesehn", dachte Bjornar, "un nu hat dat Unheil se zuerst zurück angesehn."

Am Jammerfjord waren schon viele andere Recken, die auch alle wach waren und anscheinend wussten, was zu tun war, und denen auch liebe Leute durch Drachengewalt abhanden gekommen waren. Es begann ein lustig schlachten und schusseln, besonders zu erwähnen war dabei Rashka, der mindestens acht Drachen erschlug und sich dabei zwischendurch immer lang legte, um sich kurz auszuruhen, denn Drachenerschlagen ist ja doch sehr anstrengend. Bjornar selbst fiel auch ständig hin, meistens weil das Eis so glatt war, manchmal aber auch, weil es sich auf dem Boden einfach besser dachte.

Cataleya wirbelte umher und einmal flog sie fast ins Meer, das wäre wohl ihr Ende gewesen, mit dem schweren Panzer, wie sie da so an Bjornar vorbeischlitterte. Natürlich wurde sie von Bjornar gerettet, der es dann aber schade fand, dass sie davon überhaupt nichts merkte, aber andererseits war ja auch sehr viel los, und man konnte nicht erwarten, dass jemand alles bemerkte, besonders wenn man gerade vom Drachen durch die Luft geschleudert wurde.

Im Gewimmel entdeckte Bjornar auch Sion Vargblod und seinen großmächtigen Geisterwolf, und er wollte ihn etwas sehr Wichtiges über Flüche fragen, aber Sion verschwand wie immer sofort im Kampfgetümmel und Bjornar nahm sich fest vor, ihn beim nächsten Mal anzuhalten, vielleicht mit einem Seil oder so.

Am Ende wurde der Drache besiegt, und alle waren sehr glücklich, vor allem über das schöne Boot, dass geradezu einludt damit auf Weltreise zu fahren. Da würde man dann wieder so einmütig beisammen sein können, dachte Bjornar, genau wie jetzt gerade, als man zusammen gemeinsam entführte Brüder und Schwestern befreite.

Auf dem frostklammen Deck stand Orenda am Steuer, als hätte sie es schon immer getan und Bjornar trat hinzu, obwohl beide keine Ahnung hatten, was man mit einem Steuer eigentlich genau tut. Sie stellten sich zusammen riefen fachmännische Befehle: „Hisst die Flegel!“ Bjornar brummte zustimmend: „Aye! Reisst die Riemen!“ und zog irgendwo dran. Dann rief er aus vollem Herzen: „Sprottet die Schotten!" Orenda ergänzte: „Refft den Fockmast!“ Beide nickten sich mit ernster Miene zu und Kraft ihrer vereinten Wunschträume war es ihnen für einen kurzen Moment, als würde das Schiff tatsächlich fahren.

Die Entführten – man könnte sagen, meist nicht mehr ganz jungfräuliche Jungfrauen, oder auch: Helden des Tages – wurden allesamt gerettet. In jedem Fall war die Freude groß, man herzte sich und streichelte sich gegenseitig das zerzauste Haar, auch wenn so machne Jungfrau lieber unter den Rettern und Kämpfern gewesen wäre. Bjornar stand etwas abseits, bei ihm war wieder alles andersrum, denn er sah dem Ganzen zu und brummte leise: „Wär jeg og gern verführt wordn!“ Nicht, weil er besonders gerne gefesselt war oder in kalten Drachenhöhlen lag, sondern weil das Gefühl, gerettet zu werden, vermutlich ein sehr warmes war, besonders wenn jemand dabei den eigenen Namen rief. „Aba leichtviel," dachte Bjornar, „bin jeg jau einfach zu schwer zum verführen.“ Er war sich sicher, mit den Drachen hätte er schon ein paar freundliche Worte gewechselt und all das Gemetzel wäre dann gewiss nicht so schlimm ausgefallen.

Bjornar wusste sowieso längst, was wirklich passiert war. Nicht, weil es ihm jemand erzählt hatte, sondern weil es einfach beim vielen auf dem Boden liegen und nachdenken ganz klar war - man brauchte nur genau genug hinzuspüren. Menschen hatten mal wieder Dinge getan, die man besser gelassen hätte: Eierdinge. Eisdracheneier, um genau zu sein. Die hatten sie geklaut, aufs Schiff gebracht, und da waren sie dann – plopp! – einfach geschlüpft, wie kleine Eisgedanken im Morgengrauen. Die Drachenbabys hatten nach ihrer Mutter gerufen, und die Mutter kam natürlich, so wie Mütter das tun, wenn jemand ruft. Sie umarmte das Schiff mit Frost und baute aus der ganzen Scholle ein Nest. Dann kamen die Helden, machten Heldendinge, schlugen um sich, und keiner redete miteinander, wie üblich. Jetzt sind alle sauer, dachte Bjornar, besonders die Fjellgatter, die den Ärger mit der nachschlüpfenden Brut haben werden, weil da unten im Schiffsbauch noch ziemlich viele Eier waren, und niemand wollte sie ausbrüten. "Jeg würd’s tun", brummte Bjornar leise, "aber mir fehlt das Sitzfell und es iss schon veldig frischwindig hyr draussn..."

Immerhin konnte sich Bjornar später an Rhonya Rotfuchs’ Höllenfeuer wärmen, und das war viel besser als es klang. Er ließ sich die Pelze trocknen und überlegte, ob man das Feuer vielleicht mit einem guten Wort loben sollte. Später, beim großen Lagerfeuer in Fjellgatt, saß man beisammen wie Bären in der Brombeerzeit. Es gab Drachenherz und Tortenschlacht, obwohl niemand genau wusste, wie die angefangen hatte, und Große Worte wurden geworfen wie Holzscheite – manche fielen ins Feuer, manche trafen jemanden mitten ins Herz, aber niemand nahm's krumm. Bjornar dachte bei sich: "So’n Tag wär fast eyn Liedgesang wert, wenn jeg singen könnt un die Namen all der ganzen Heldenschar nur kennte, die heut mit myr durchs Eis geschusselt sin..."

Derweil lauert der Mutter-Wyrm von Jammerfjord unterm Eis auf neue Opfer, sinnt auf Rache. Sie hat ganz gewiss keinen einzigen der Namen vergessen, die heut im Gefecht gerufen wurden. Ihr sagt, wie kann das sein? Wir haben sie doch erschlagen und dann genau gesehen, wie die Barbaren ihr Herz herrausrissen, es aufraßen, wie die Wilden, die sie nunmal sind? Nur so viel: eine uralte Drachendame hat mindestens zwei Herzen und wenn sie denn mal so erschlagen daliegt, dann macht sie es wirklich bloß wie der Rashka - sie ruht kurz aus.

Jammerfjord_Wyrm.png
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Bjornar
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Meirr

Beitrag von Bjornar »

Meirr.png

Þetta mun aldri enda því at ek vil meirr
Meirr, gef mér meirr, gef mér meirr
Þetta mun aldri enda því at ek vil meirr
Meirr, gef mér meirr, gef mér meirr

Ef ek hefði hjarta ek gæti elska þik
Ef ek hefði rödd ek myndi syngja
Eptir nóttina er ek vaki upp
Ek mun sjá hvat morgin komar

Ah ah ah
Ah ah ah
Ah ah ah
Ef ek hefði rödd ek myndi syngja

Dangla fett frá vindaugi ramma
Mun ek alltaf alltaf ná gólfið?
Meirr, gef mér meirr, gef mér meirr
Mullið ok fyllt með allt ek fann
Undir ok inni bara at koma í kring
Meirr, gef mér meirr, gеf mér meirr

Ein Wahngesplitter

Es ist die Wilde Zeit. Die Schlaflose Zeit! Die Lebenszeit die Unglaubliches hervorbringt. Schicksalszeit! Hüte dich vor dem Herz der Wildnis! Es mag dich verschlingen im Lebens-Wahn!
An vergangenen Tagen im Bärenkreis, als selbst Bäume sprachen, weil das Leben grausam prangt in voller Kraft, hörte man im himmelswunden Silberhain den Flüsterbaum sein Jahreslied singen! Dies Zauberlied ging so – und ein jeder konnte es hören!

Gedicht vom Jahreskreis.png

Mein Gesicht strahlt hell und warm,
Felder stehen hoch und dicht.
Doch mit jedem langen, gold'nen Tag
neigt sich das Licht zur Ruh' und bricht.

Ich bin die letzte vor der Nacht,
bringe Stürme, Wind und Fall.
Mein Hauch nimmt mit, was einst gedeiht,
bereite alles vor für die kalte Zeit.

Ich komme still und kalt daher,
hülle die Welt in weißes Kleid.
Schlafe, bis die Sonne mich vertreibt –
doch ohne mich gibt es keinen Neubeginn.

Nach mir erwacht das Leben neu,
Blüten tanzen im sanften Wind.
Farben sprießen, Vögel singen –
ich bringe Wachstum, Licht und Kind.

Als Bjornar dies Lied vernahm umarmte er den Baum dankbar und rannte so schnell er konnte nach Fjellgatt, auf dass die Skalden und Schamanen es nicht vergäßen und zu deuten wüssten. Dort kennt man hingegen ein ganz ähnliches Rätsel-Lied, das die Soekr und Skalden den Kindern vorsingen, um vom Jahreszyklus ihrer Heiligen Tiere zu lernen. Ach, wenn es doch nur Kinder gäbe in Fjellgatt, der letzte Winter war öd und stumm!!!!, es herrscht Schande und Trauer, denn der Heilige Weisse Hirsch verschwand – und ohne ihn, kein neues Leben!

Neuerdings aber, da singt man in Fjellgatt dieses Lied auch öfters, vor allem jene, die versuchen, sich einen Reim auf des unbändigen Bjornar wildes Verhalten zu machen:

Bald nach dem Dunkel,
regt sich der Hunger,
zieht mich empor
aus der Höhle im Stein.

Wurzeln und Kräuter,
frisch aus dem Boden,
füllen den Magen,
wecken den Geist.

Mit steigendem Licht
kommt auch mein Drang,
fern über Täler
such ich die Weibchen.

Ich kämpfe mit Klauen,
mit Zähnen und Schultern,
verfolge die Spuren
im flirrenden Wind.

Viele begehr ich,
viele berühr ich,
keine bleibt bei mir
– keine ich halte.

Die Tage sind golden,
Beeren in Fülle,
Lachs springt im Strom,
mein Leib wird rund.

Dann fegt der Herbstwind,
die Blätter erliegen,
mein Atem wird träge,
mein Blick wird schwer.

Ich grabe mich tief,
schließe den Eingang,
verharre in Stille,
in frostiger Kammer.

Dort kommt das Leben,
kalt und doch warm,
blind, ohne Worte,
saugt es mein Dasein.

Die Welt ruht draußen,
schneebedeckt, stumm –
Ich träume von Wäldern,
und Frühling, der kommt.

Wer geht diesen Pfad,
der rings sich erneuert?
Wer lebt diesen Kreis,
aus Kraft, Schlaf und Blut?

Ich bin der Wandel,
tiefer als Zeit,
Herr dieser Wildnis,
der Name – bleibt stumm.

Traumfieber

Gestern war eben ganz genaus so ein wildgebärender wahntreibender Tag, mitten im Frühling und wie wurde er gefeiert! Es Begann für Bjornar mit einer großen Unruhe und Furcht. Denn es war kürzlich eine neue Hathran – allen schlimmen Omen zum Trotz! – nach Fjellgatt gekommen und Bjornar war derart von ihr… im allerwahrhaftigsten Sinne des Wortes begeistert und angezogen, dass ihn eine fürchterliche Unruhe packte und die pure Angst gebar! Denn, oh!, was war es für ein zerbrechlich Ding, die Geisterseherin!

Er rannte also in die Wildnis und siehe, auch die Bären waren angesteckt von seinem Fieber, dass nur noch Schlimmer werden sollte. Auf dem Weg traf er Orenda, die Traumseherin, und diese gab vor ihr Versprechen zu halten, mit ihm auf eine Traumreise zu gehen! Doch sie log, verlogen und ungreifbar, wie Träume eben sind, sind wohl auch die Traumzauberinnen! Zwar fiel er bei ihrem begonnenen Ritual sofort in einen tiefen Schlaf, doch als er aufwachte, war sie FORT und da war nichts geblieben, als ein unbändiger Hunger und TRAUMFIEBER, dass ihn den ganzen Tag erfasste und in Gestalt eines summbrummenden, magenknurrenden Liedes sich aus seiner Kehle drängte.

Das FIEBERLIED aber wurde gehört von allen Bären auf dem Weg zwischen dem Traumstrand – dem Honigstrand! – und Fjellgatt. Sie folgten ihm, von der gleichen Trance angesteckt. Und als er zum Dorf zurück kam, war dort schon der ganze Stamm versammelt, die Trymm’takk, stark und zahlreich wie nie und unter ihnen war auch SIE, die Tränenreiche, die zerbrechliche Tarsnjor. Die Bären kamen vor den nur noch leicht staunenden Augen des Stammes herbei und machten ihre Aufwartung am wundersam neugesprossenen Ahnenbaum, mit einem stummen Blick, der so vieles wohl bedeuten konnte und Bjornars HERZ DER WILDNIS wollte mit Donnerschlag zerspringen in seiner Brust, als ALLE zu der Hathran sahen. So viel Hoffnung auf einmal hatte er noch nie gehegt, jedoch, seitdem das kleine Geistermädchen das Dorf betreten hatte, da schien ihm plötzlich alles möglich und die Zukunft wunderbar und frei!

You see: Snorrak
You see: Tarntraur
You see: Veigrim
You see: Snorrnjor
You see: Eirnjor
You see: Munor
You see: Snaevor
You see: Nivbjorn
You see: Grafnjor
You see: Trenaskorr

Grafnjor: *schaut Tarsnjor an*
Snorrak: *schaut Tarsnjor an*
Snorrnjor: *schaut Tarsnjor an*
Trenaskorr: *schaut Tarsnjor an*
Snorrak: *schaut Tarsnjor an*
Snaevor: *schaut Tarsnjor an*
Veigrim: *schaut Tarsnjor an*
Tarntraur: *schaut Tarsnjor an*
Veigrim: *schaut Tarsnjor an*
Munor: : *schaut Tarsnjor an*
Nivbjorn: : *schaut Tarsnjor an*

Was wohl lag in diesem Blick verborgen? Ja, es war ein EINZIGER Blick, aus vielen Bärenaugen, mehr als Bjornar zählen konnte, der genau SIE traf. Bjornar kannte die Bärenbrüder und Schwestern gut, wie immer flogen ihm ihre Namen zu. Da waren also im Dorfe versammelt:

Snorrak –
der Tränengänger,
der auf Wegen weint, die niemand sieht.

Tarntraur –
der im Schweigen klagt,
verborgen wie der Schatten im Schnee.

Veigrim –
der Zornverschleierte,
dessen Seele stumm im Sturmwind spricht.

Snorrnjor –
Antwort im Eis,
Widerhall der stillen Traurigkeit.

Eirnjor –
Heilerin in Tränen,
die Wunden salbt mit schweigendem Tau.

Munor –
die tiefe Stimme,
deren Worte im Brummen der Erde wohnen.

Snaevor –
Schneespurwanderer,
dessen Schritte kein Auge je sieht.

Grafnjor –
der Erdenschwere,
dessen Atem die Tiefe kennt.

Trenaskorr –
der Tränenspurige,
dessen Pfad Erinnerung säumt.

Nivbjorn –
im Nebel geboren,
verblasst, ehe ein Herz ihn erblickt.

Und wie sie gekommen waren, liefen sie auch wieder davon, trollten sich und tummelten sich in Fjellgatt umher, um dort wie immer wohl, noch ein paar Tage lang ihre Bärenscherze zu treiben und manch einer, um sich in der Nähe der Küche niederzulassen.

Doch Bjornar wurde von purer Angst gepackt. SIE war wie Nivbjorn, der zuletzt gekommen war und zuerst verschwand. Sie war wie der Traum oder seine löchrigen Erinnerungen, die er nicht zu halten vermochte. Und die Gefahr war überwältigend, dass sie, die Eisäugige, verschwinden würde, so schicksalshaft, wie sie gekommen war. Ein Fiebertraum aus Eis und Schnee, der in der Frühlingsonne so leicht dahinschmelzen konnte, wie die Nebelworte, die sie aus ihrem Atem formte!

Tarabasch warnte später die junge Hathran vor dem liebestollen Bjornar – „Pass uff, der Jung‘ verliebt sich leicht!“ – und JAAAUUUUUU! Das tat er! Wie konnte er auch anders um diese Heilige Zeit im Jahreskreis!!!?? Auch Ennia hatt es gesehen und gesagt, noch lang vor der Schwitzhütte und bevor sie böse verwundet fortging: „Bjornar, der liebt alle Frauen.“ Recht hatten sie! Und doch, da war noch mehr, sie sahen zu wenig. Die Hathran sagte darauf, sie würde nicht lieben, sie sei die Braut der Geister. Da wollte Bjornar noch mehr das Herz zerspringen, denn diese Worte trafen ihn tief und wahr, auf eine Weise, die ihn wohl wahnsinnig machen wollte. Oh, wie er sie brauchte und halten musste GENAU DESWEGEN und vor seinem traumfiebrigen Auge griff er nach ihr und wie einer der eine einzige, ganz besondere Schneeflocke bewahren will und es geschah das Unvermeidliche, die Schneeflocke in seiner lebensglühenden Hand zerschmolz!

Verweht wurde sie vor seinem Traumfieberauge! Das wäre das allerschlimmste. Er begriff nicht, warum, und wusste das es wahr war und dass er blind und vergesslich war. Aber sie konnte, sie würde, sie MUSSTE ihm helfen, die Antwort zu finden. So atmete er noch den ganzen Tag ihre Nebelworte ein und sog sie rauschhaft auf, wann immer er konnte.

Tarsnjor _verweht_2.png


Fieberjagd

Der Stamm jagte, er besiegte den Drachenclan, zeriss Tyldarak, fegte über Eisschollen, vertrieb andere Jäger im Jammerfjord durch das pure Strahlen der Muskeln und glänzen der Waffen, schmetterte die Frost-Wyrm-Mutter erneut zu Boden, schmauste und prasste auf Drachenherzen, opferte den Ehrenteil.
Der Stamm machte sich auf die Suche nach dem Dieb des Weissen Hirsches und die Wälder, Steppen und Wüsten der Neuen Welt erbebten unter dem Gebrüll ihrer Reitbären (auch der Schwabbel schwallerte dabei sein Lied!). Dann waren die Städte dran: In Nebelhafen fragte man umher, doch niemand hatte eine Fährte oder einen Hinweis, egal welch große Belohnung die Barbaren auch versprechen mochten.

Dann überzeugte Bjornar den Trupp nach Solgard zu reiten, denn es wurde gefeiert im Sonnenstübchen, das wusste er von Dervyn und Aladya, und dort waren gewiss viele Jäger anwesend, die in den fernsten Ecken und Winkeln der Insel unterwegs waren und vielleicht ein Gerücht, eine Spur vom verschollenen Hirsch aufschnappen mochten?
Doch dazu sollte es nicht kommen, denn das Misstrauen in Solgard der wilden Horde gegenüber war groß. Der Ritter des Herren, Jaster, sprach mit dem Johtar Rashka und auch wenn Aladya dem Bjornar eine ganze fruchtige Ladung ihres famosen „Zähnefletschers“ vor die Tore der Stadt brachte, so war es doch für die Wilde Horde nicht möglich einzutreten und selbst herumzufragen. Was wäre das für ein Geschäft gewesen, für die kleine Taverne am Stadttor… eine Horde Wilder Barbaren nach erfolgreichem Beutezug hätten gewiss soviel Schätze springen lassen, dass es jedes zerschlagene Mobiliar aufgewogen hätte. Doch dazu konnte es nicht kommen.

Bjornar musste viel des Zähnefletschers selbst vernichten, was zu noch wahnhaft-eigenartigerem Benehmen führte und erneut war SIE zur Stelle… mit einem… nennen wir es umgekehrten Luftkuss… saugte sie den Alkoholnebel aus seinem Kopf. Der wurde ihm vom Stamm danach trotzdem ordentlich gewaschen, was er sich wiedermal herausgenommen habe, Behnehmen, Gehorsam und so weiter. Doch im Grunde ihres Herzens verstanden sie, dass es, komme was da wolle auf dem Schlachtfeld, auf dem Blutpfad, im Wüstendreck oder bei neuerlichen den Wortgefechten mit den Rittern, doch im Grunde auch für den Stamm gut war, wenn es einige Solgarder gab, die den Bjornar ebenso in ihre gottverblendeten Herzen geschlossen hatten, wie manch andere auf der Neuen Welt. So war er doch eine torkelnde, trunkene, tapsige Tür in das Herz von vielen, grundverschiedenen Seelen.

Verblasster Alb

Es blieb noch das wahnwitzigste, jagdfieberigste Abenteuer des Tages, und das begann damit, dass man auch in Surom noch nach dem Weißen Hirsch zu suchen hatte und die Kunde zu verbreiten hatte, über das Grausame Schicksal, dass auf den Entführer des Heiligen Tieres wartet. Das übernahmen ob der späten Stunde Ynge und Bjornar zu zweit. Auch waren beide des Öfteren schon, sie als sichere Soeker, er als vielleicht erster Jünger Hednars, mit den schrecklichen und grausamen Recken von Surom auf der Jagd gewesen. Welche Macht und welche Kraft sie dabei erlebten und in welchen Blutrausch sie dabei verfielen! Den dämonischen Horden von Surom war es an Geschwindigkeit nicht gleich zu tun, mit der sie den Höhlen und Unholden der Insel die Schatzbeute entrissen. Einmal sogar war Bjornar derart mit Zauberkraft von Hednar und Rorek aufgeladen worden, dass die drei einem Feuerblitz gleich durch die Dämonenhorden der Unterwelt pflügten – die Raserei konnte Bjornar kaum von einem Traum unterscheiden. Er nannte diese Momente die FIEBERJAGDEN und heute war eine solche!

Die Bande PRESCHTE nun zum zweiten Mal für ihn an nur einen Tag… oder war es gar mehrmals gewesen?… durch die Eishöhlen des Drachenclans und da.. geschah.. das Unglaubliche! Unter den finsteren Mitstreitern, die durcheinanderwirbelten, von Magie umflimmert waren und im Klingentanz und Blutrausch kaum voneinander zu unterscheiden waren, trieb… auf einmal… mitten… im Kampf.. ein vertrauter.. ein verhasster Geruch an seine Nase…

SIE war dabei.

Nicht von Anfang an.

Plötzlich. Mittendrin. Auf einmal. Unter der Horde.

Die Mörderin.

Sein OPFER!

Er hatte eine FÄHRTE!

Das fieberhafteste an alledem war, dass der Blutrausch und das Schlachten wie ein wirrer Alptraum an ihm vorüberraste. Am Ende machten die Suromer ein seltsames Ritual, dass ihm der Hednar jedoch schon gut gelehrt hatte. Sie warfen Runenknochenwürfel in einen Becher und das Schicksal entschied, wer der Held des Tages war und den größten Preis in der Schlacht errang. Er war ein guter Schüler Hednars, wie es schien, denn die Schicksalswürfel entschieden, dass heute SEIN TAG gewesen war! Er errang den größten Preis, den mächtigsten der Zaubersteine, für die wohl alle Recken Neuen Welt gern Blut vergossen.

Dem Stein haftete der Geruch an.

IHR Geruch.

Hatte SIE ihn etwa dem Tyldarak entrissen?

Brodomur, OH BRODOMURR, hämmerte sein Herz.

Es war ein Schicksalstag, ein Alptraumtag, ein Lebenstag!

Er nahm den pulsierenden Zauberstein aus der Trophänkiste und es war klar, was damit zu geschehen hatte.

Er würde damit zum Jothar gehen.

Der sollte verkünden, dass unter ALLEN Recken auf der Neuen Welt, auf Hednarien, auf Golgathan, der Insel des Herrn, der Bäreninsel… wie man sie auch nennen möge!...das unter ALLEN Helden egal wem sie dienten und wes Feind sie waren, sich derjenige diesen Stein in Fjellgatt verdienen konnte, der den WEISSEN HIRSCH VOM GLETSCHERSEE aufspürte!!!!!!!!

XunRae und der Kristall.png

Und Bjornar kehrte Heim nach Fjellgatt… allein… ohne auch nur eine Frühlingsfrau an seiner Seite, aber mit dem Geruch der mörderischen Schwarzalbin in der Nase… und der Geruch, der hatte nun eine Gestalt bekommen! Vielleicht erinnerte er sich beim Morgenrauen ja sogar dieses eine Mal an etwas wirklich wichtiges, an den Namen der Mörderin, den die versammelte Chaosbande wieder und wieder während des Kampfes in ihre Richtung flüsterte....?

Sein Herz hämmerte eine im Norden altbekannte Weise und ein tiefes, tiefes Brummen hallte diese lange Nacht durch Fjellgatt, denn an Schlaf war bei so vielen wahnsinnigen Lebensträumen nicht im gerringsten zu denken. Es war eben doch eine Festzeit, Heilige Zeit des Jahres.

O wie wünschte er sich da, eine Singstimme zu haben, tief genug konnte er ja brummen…

Auch wenn es diesmal, sich doch eher annhörte, wie sein Racherülps.



Meirr, gef mér meirr!!!!!!!!
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Bjornar
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Ode an Odilo

Beitrag von Bjornar »

(Erster Gesang – Vom Namen und vom Erben)

1
O! Lindooo! rief ich und lachte, der Klang war wie Morgen,
hell wie die Sonne auf Honig, auf warmem geflochtenem Käse.
Odino? Nein, das war falsch. Odildo? Auch das nicht, verzeih mir.
Olindo – das blieb mir im Ohr wie ein Lied einer süßen Trompete.
Doch du, mit dem Lächeln des Lichts auf der Stirn und dem Butterbrot-Atem,
sprachst es geduldig: Odilo, so schlicht wie ein plätscherndes Bächlein.
Da sah ich es, plötzlich! Die Rune, die alt ist wie runzlige Bäume –
Othala! Das Erbe! Das Zeichen der Erde, des Hauses, des Einen,
der nichts besitzt und doch alles, der reich ist an schäumenden Schafen,
an stillen Momenten, an Feuer und Brot und dem Blick eines Freunds.


2
Denn du, Odilo, du Hirt unter goldenen Himmeln von Surom,
trägst in den Händen kein Schwert, sondern Felle, ein Messer, ein Flötenrohr.
Und was du besitzt, ist nicht weniger groß als der Thron eines Königs:
Frieden. Und Freude. Und Hunger zur rechten Zeit, nicht zum Fliehen.
Offen dein Herz, wie der Himmel, wenn abends der Nebel sich hebt,
und aus der Wiese das Bellen der Lämmer wie Glocken erklingt.
"Ich suche", so sagtest du, "keine Heldin mit Lanzen und Bannfluch.
Nur eine Frau, die versteht, dass das Kochen ein Lied sein kann."
Ich aber – ich törichter Bär – träumte von Geistern und Königinnen,
doch fand ich an deinem Tisch etwas Besseres: Brot und das Lächeln.
________________________________________

(Zweiter Gesang – Vom Mahl und von der Liebe)

3
Brot war auf Tüchern gebreitet, der Käse war weich wie der Frühling,
und zwischen den Krügen sang leise der dampfende Kräutersud Lieder.
Wir aßen und lachten. Ein Lamm, das nicht sprach, sah uns freundlich beim Kauen.
"Siehst du," so sprachst du, "die Liebe beginnt mit dem Kochen, mein Bruder."
Und ich, mit dem Bart voller Schafskäse, nickte und fühlte das Feuer,
das nicht im Kessel allein, sondern tief in den Rippen mir brannte.
"Die Frauen in Surom," so seufztest du dann, "sind wie Speere auf Beinen.
Sie wollen Götter bezwingen, Gesetze schreiben und Throne gebären.
Doch keine will rühren die Suppe, will rühren das Herz mit dem Löffel.
Ich aber such‘ eine Frau, die beim Braten der Zwiebel Gedichte versteht."


4
Da schwieg ich. Denn in mir sangen die Namen der Jägerinnen wieder:
Feen mit Bogen aus Licht, Hexenköniginnen auf Bergpfaden wandelnd,
Frauen mit Stimmen aus Wind, mit Händen aus Gold und Gewittern.
Doch während du sprachst von der Wärme, vom Teig und dem Duft der Tomaten,
fühlte ich seltsam mein Herz wie ein Lamm, das sich niederlegt, staunend.
Denn deine Sehnsucht war leiser, war wahrer, war heiliger, schien mir,
als meine Jagd nach den Flammen der Ferne, den Träumen aus Runen.
So blickte ich heimlich zur Schale mit Nüssen und Datteln und sagte:
"Vielleicht ist ein Haus doch ein Tempel, wenn jemand wie du darin wohnt."
Und du, du lachtest nur still, als wüsstest du längst, was ich meinte.
________________________________________

(Dritter Gesang – Die Lämmer des Herrn)

5
„Geh hin,“ hast du gesagt, mit den Augen wie frisch aus der Quelle,
„nach Surom, zur Messe. Dort werden sie singen vom Ursprung.“
Ich nahm deinen Rat wie ein Bündel aus Kräutern, gewunden im Herzen,
und wanderte schweigend, den Wind in den Schultern, die Zunge voll Fragen.
Die Glocken erklangen in Wellen, als hätten die Wolken begonnen,
mit silbernen Stimmen die Erde zu segnen, so alt wie die Träume.
Vor mir die Tore von Holz, geschnitzt mit Geschichten der Götter,
doch als ich trat über Schwelle, da hob sich ein Arm und ein Blick:
„Nicht du,“ sprach der Wächter. „Zu wild ist dein Gang, zu offen dein Atem.“
Ich stand und verneigte mich still – und staunte, wer eingelassen.

6
Denn seht! Zwei Lämmer, so weiß wie der Tau auf dem Bart einer Distel,
wurden geführt in das Haus, von Händen in Sackleinen zärtlich gestreichelt.
Sie blökten nicht, sie schauten nur milde, wie Kinder aus Schaum und aus Federn.
Ich aber, mit Pelz und mit Krümeln am Kinn und dem Herz voller Honig,
blieb draußen im Wind, mit den Glocken und Vögeln und trank das Geschehen.
Drinnen, da klangen wohl Psalmen und Bitten, Gerüche von Weihrauch.
Doch draußen, da lag in der Luft noch der Hauch deiner Schafe, mein Bruder.
Ich lachte nicht – ich verstand. Es ist gut, wenn die Lämmer den Segen empfangen.
Denn sie gehören zu dir, und was dir gehört, ist gewürdigt im Himmel.
Ich kehrte zurück ohne Glaubensgeschichte – doch voll von dem Brot deines Hauses.
________________________________________

(Vierter Gesang – Vom Erben der stillen Dinge)

7
Nicht mit dem Schwert, nicht mit Bann oder Ruhm auf geborgtem Gefieder
hast du gewirkt, Odilo – dein Reich ist das milde Beginnen.
Du hast das Feuer gezähmt, nicht mit Eisen, mit Löffeln und Lachen.
Und wer mit dir sitzt an dem Tisch, der vergisst, dass die Welt draußen tobt.
Du bist kein König, und dennoch trägst du die Krone der Einfachen –
eine Krone aus Wolle, aus Hirse, aus Duft von gebackenem Leben.
Du bist der Erbe – ja, wahrlich! – von Dingen, die keiner mehr sucht,
weil sie zu still sind für Lieder, zu weich für das Horn der Legenden.
Doch ich, der Bär, der von Feen geträumt und von Flammen gesprochen,
ich habe in dir eine Wahrheit gefunden, die bleibt, wenn das Lied sich verflüchtigt.

Odilos Lambs.png
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Bjornar
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Bärisches, all zu bärisches...

Beitrag von Bjornar »

Der Bjorn von geringem Verstand, wenn man genau hinzuhören versteht, sagt manchmal Dinge, die einem zum Nachdenken anregen mögen, die sich festsetzen, um später unverhofft zurückzukehren. Besonders, wenn er allein ist, durch die Wildnis streift und tagträumt, durchzucken ihn diese Geistesblitze; manchmal leuchten sie auch auf in stillen Momenten, den seltenen, langen, langsamen Gesprächen mit ihm... natürlich nie so, in dieser Form, die Kunst der Sprache geht ihm ab... vielleicht vermag mancher aber mit dem Herzen es herauszuhören ...?


Wein und Wahrheit
Im Wein liegt Wahrheit? O, törichtes Herz! Der Wein enthüllt nichts, was verborgen war; er entkleidet nur die Wahrheit von ihren sanften Schleiern. Manche Wahrheiten aber sind so hässlich und so schön, dass wir sie nur ertragen, solange sie noch bekleidet sind.

(sturzbetrunken, auf dem Heimweg aus dem Solgarder Sonnenstübchen)

***

Lob auf das Entführtwerden
Die glückliche Entführung rettet aus der Monotonie des Bekannten; erst durch die Gefahr gewinnt die Seele jene Tiefe, welche das sichere Leben stets verweigert.

(als ihm der Seewind unverhofft den Geruch von Elaine Victoria Darez auf der Vulkanebene in die Nase weht)

***

Der Glanz des Prügelknaben
Wer geschlagen wird, schenkt dem Schläger Bedeutung; der Prügelknabe ist das freiwillige Opfer, auf dem der große Mann bequem sein Scheitern abladen kann.

(mit treuem Blick an Rashka, Tarabasch, Cataleya, Yngvildr, Tarsnjor und Haldron, dem das besonders gut gefällt, selbst wenn er die Faust nie erhob...)

***

Von Einsamkeit und Alleinsein
Alleinsein adelt, weil man frei liebt, ohne Anspruch; Einsamkeit hingegen hungert, weil sie nichts besitzt außer dem schmerzenden Wunsch, begehrt zu werden.

(...allein im Wald, oder einsam beim Einschlafen...)

***

Vom Lauern und Hungern
Der Hunger schärft den Geist und macht den Bären erfinderisch; wer ständig satt ist, verliert seinen Sinn für Jagd und Leben.

(...nach einer wirklich knappen und brenzlichen und anstrengenden und langwierigen Jagd auf einen Stichling...)

***

Vom ewigen Jagdglück
Die Langeweile der mühelosen Jagd nimmt der Freude ihren Geschmack. Nur wo Widerstand herrscht, schmeckt das Leben würzig.

(... beim Nachdenken über das nächtliche, mühelose Jagdfieber in den Dungeons mit den übermächtigen Verbündeten...)

***

Vom Nutzen der Gewaltfantasien
Der Gedanke an Rache erleichtert und belastet zugleich; man trägt sie, um sich nicht selbst zu schlagen. Sie bleibt das geheime, unausgelebte Drama des Lebens.

(... beim Durchatmen, wenn er wiedermal der Prügelknabe war, und den Freunden das Mark aus den Knochen saugen möchte...)

***

Zuviel Spielzeug
Der Überfluss raubt der Seele die Fähigkeit, einfache Dinge zu genießen; wer in Zinnspielzeug ertrinkt, verliert die Freude am Wind.

(... beim Einschlafen im Kinderzimmer von Aram, Benjamin und Leonhard im BdH...)

***

Kerker und Kinderzimmer
Man braucht Grenzen, um sie überwinden zu können. Ohne Fesseln wüsste man nicht, was Freiheit ist; das Gitterbett des Kindes ist nichts anderes als der erste Kerker des Menschen.

(... beim Einschlafen im Kerker in Fjellgatt....)

***

Stube der gebrochenen Herzen
Die Liebe? Ach, welch ein göttlicher Betrug! Sie ist die süßeste Lüge, in der der Mensch sich selbst verherrlicht – denn er erträgt sich nur, wenn er sich im Spiegel fremder Augen bewundert.

(... Nachdenken über das auf und ab der Gefühle im Sonnenstübchen...)

***

Die Furchtbaren und die Fruchtbaren
Die Macht der Frau gründet sich auf ihre Klugheit, mit der sie ihre eigene Täuschung einst erfand, um begehrenswert zu erscheinen; Fruchtbarkeit ist eine Maske, hinter der ihr eigentlicher Triumph schlummert.

(... Meditation über den Duft der Frauen an empfängnisbereiten Tagen...)

***

Oh, es gibt so viele Dinge, die ich fürchte
Es gibt so viele Dinge, die ich fürchte; die Kunst ist, keine Angst davor zu haben...

(... irgendwann, während eines langen und ruhigen Gespräches mit Yeva, am verwundeten Ahnenbaum im Schlangenhain...)

***



Bärisches, all zu bärisches.png
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Bjornar
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Katerleier

Beitrag von Bjornar »

Fjellgatts Kampfgrube ruhte grausam und schweigend im kalten Mondschatten, verborgen vor aller Augen. Es gab keine Zeugen für das ungleiche Ringen. Bjornar und Cataleya standen sich stumm gegenüber, gefangen in einem wortlosen Ritual. Mit jähen Aufblitzen ihrer Hand fuhr Cataleya vor, schälte eine tiefe Schwertfurche in die Brust von Bjornars frisch geschmiedeter Drachenknochen-Brünne. Schmerz wurde zu Feuer in seinen Adern; er riss das beschädigte Leder entschlossen von sich und stieß seine Faust vor, wild und ungebändigt wie ein Sturm, unnachgiebig, unerschöpflich. Er spürte Knochen unter seinem Schlag knirschen, doch Cataleya lächelte nur leise: „Mehr, gib mir mehr!“ Ein beiläufiger Schwung ihrer Hand schleuderte ihn quer durch die Grube. Keuchend kniete er nieder, doch sein Blick, klar wie Gletscherwasser, blieb fest und entschlossen auf sie gerichtet.
...

Kaum ein Winter war vergangen, seit Bjornar seine Stärke erstmals wahrhaft gespürt hatte. Ein Frostoger, gewaltig und hässlich wie aus den Tiefen der Urzeit, fiel unter nur zwei seiner mächtigen Schläge. Es war ihm gelungen, Tarabasch mit einer einzigen Bewegung vorsichtig, aber bestimmt, in den Staub zu legen, stets bedacht, keine Knochen zu brechen. Als Rhonya mit eisernem Willen einen Dämon in die Knie zwang, hatte Bjornar zwei weitere zerfetzt, blutüberströmt und siegreich. Selbst der mürrische Jothar Rashka hatte anerkennend gemurmelt: „Aus dir könnte doch noch ein Krieger werden.“

Die größte Ehre war ihm zuteilgeworden, als Solvajg für ihn eine Brünne aus kostbaren Drachenknochen schmiedete. Fluchend, zischend und segnend hatte sie sich an dem gefährlichen Material abgearbeitet. Sie selbst beschreibt die Arbeit so:
"Bjornars Rüstung! Sie dachte schon, es würde nie passieren, aber auch Bjornar hat sich an eine Rüstung - seinen Hartpanzer - gewöhnt. Und nicht nur das; er kam zu ihr und fragte nach einer Rüstung mit besserem Schutz. Verwundert blinzelte sie, bevor sie nickte und nachfragte, welche Leder denn in die Rüstung dürften oder sollten.

Da kam dann der nächste Blitzschlag. Er wusste es nicht. Die Rüstung sollte einfach so sein, wie die vom Jothar! Naja, nichts leichter als das… oder doch? Ausgerechnet wie beim Jothar. Kannte er denn gar keine Grenzen? Als Solvaig nach der Farbe fragte, schüttelte sie nur noch den Kopf. Blaugrün und Kastanienbraun gemischt sollte die Rüstung werden. Das musste sie jetzt alles erst verarbeiten. Ein paar Tage darauf sucht sie die Muster für Rashkas Rüstung wieder heraus und mischt die Farben an. Da stand sie nun. Alle Materialien vorbereitet, aber was wo hin, mit welcher Farbe, wo verbessert? Fluchend und polternd bastelt sie an den einzelnen Rüstteilen.

Was bei Aeti war Bjornar da nur wieder eingefallen? Ein um den anderen Zuschnitt landet in der Tonne. Einmal das falsche Leder, dann die falsche Farbe. Schlussendlich sah sie skeptisch aber zufrieden auf ihr Werk. Es war fertig geworden. Ob es genug war, würde sich noch zeigen. Doch sie wünschte ihm von ganzem Herzen das Beste damit."


Die Rüstung des Weragers war also aus Drachenknochen, kastanienbraunem Leder, mit blaugrünem Waldlicht vernäht, sie war schwer wie Winterfrost und zugleich warm wie Bärenfell. Der ganze Stamm hatte Fleisch geräuchert, Glückssteine gelegt und Runen geflochten, Bjornars Haut und Seele vorbereitet auf die Prüfungen, die kommen mochten. Er hatte den Panzer als Geschenk, als Zeichen von Liebe und Gemeinschaft angenommen, ein Riemen, der ihn erinnerte, wer er war und sein musste. Noch die Enkel der heutigen Krieger werden vor Rührung weinen, wenn die Geschichte der ehrenhaften, huldvollen und großmütigen Übergabe dieser Heldenhaut erzählt wird, des „Hardpelzes“, wie ihn Bjornar stolz nennt. Die Schamanen und Schmiede hatten sich auch der verfluchten Axt Haunseloh’s angenommen und die Namensrune Brandzeichner hineingeschnitten, um ihre finstere Macht zu brechen. Doch das ist Stoff für eine andere Geschichte; in dieser hier konnte man Bjornar in seinem neuen Zeug und mit dem stolzen Gang beim oberflächlichen Hinsehen doch für einen wiedergeborenen Ahnenrecken halten.

Dann kamen die Jagden. Mit dem Stamm gegen den Drachenclan Tyldaraks, oder die Wyrm-Mutter vom Jammerfjord, die Dämonen der Vulkanberge. Oft hatte er den entscheidenden Schlag geführt und oft riefen ihn die Recken des Stammes erst ganz am Ende hinzu, bei den Stärksten Feinden, um ihm die Ehre zu überlassen: Treu hatte Bjornar immer geantwortet, sein Bärenherz brüllend vor Stolz und mit unbeugsamer Kraft hatte er zum Jubel des Stamms die Monster mit unfehlbarer Hand erlegt.

Cataleya war anders. Einmal, als er noch unbeholfen war, im Schlangenhain, beim Ahnenbaum, hatte sie ihn niedergestreckt. Spottend nannte er sie seitdem "Katerleier", ein Name, der bissig von Lippe zu Lippen weitergetragen wurde, und den man vielerorts bereits hinter ihrem Rücken flüsterte. Heute war er als Gast, Verbündeter und Stolzer Krieger zu einem Ausritt der Stadtgarde Suroms geladen, da war sie unverhofft auf ihn zugetreten und sandte ihn mit eiseskaltem Blick fort; doch der Hauptmann der Suromer Garde selbst sprach genüsslich das Widerwort gegen die Säule des Krieges, und so durfte Bjornar dabei sein und seinen Axtarm beweisen.
Zum Ruhme des Stammes Trymm’takk machte er an der Seite der Schwarzen Garde keine schlechtere Figur, als die Säule des Krieges persönlich. 
So kam es, dass die gnadenlose Cataleya ihn danach herausforderte und ihm die Ehre zuteilwurde, in der eigenen Stammesgrube gegen sie antreten zu dürfen. 
 
...

Am Grunde der Blutgrube, stemmte sich Bjornar schwer atmend am Schaft seiner Axt wieder auf die Beine. Cataleya spielte nun bloß noch mit ihm. Jeder Schlag Bjornars traf nur Schild und Schatten, während ihre Schläge präzise auf den schmerzhafteste Stellen landeten. Er fühlte, wie die der Bär in seinem Innern erwachte, ein wildes, brüllendes Verlangen, alles loszulassen, aufzuhören zu sprechen und zu denken, nur noch zu fühlen und zu wüten. Doch Bjornar hallte seit jüngstem die meist ätzende, selten liebevolle, Stimme Ynges im Ohr. Für sie. Für sie zwang sich, den Sturm in seinem Inneren zu beherrschen, zügelte ihn mit eiserner Entschlossenheit, raffte sich aus dem Staub der Schande, in den ihn Cataleya erneut gestoßen hatte.

In der dritten Runde war er zerschunden, ein Wundenberg, zitterte am ganzen Leib --- und dennoch --- die gleiche Entschlossenheit, wie damals, als die Ahnen ihm am Grimmbaum beobachteten, gab ihm Kraft, weiterzumachen. Zumindest sein Wille würde nicht brechen. Es war an ihr, das grausame Spiel zu beenden oder ihn wie einen Hund totzuprügeln, und wenn es bis zum Morgengrauen gehen sollte!
Cataleya zeigte nun erstmals ihre wahre Natur und ließ einen kleinen Teil des Schreckens, der von ihr Besitz ergriffen hatte hinaus in die Welt, schleuderte ihn Bjornar entgegen. Ihre Haut heilte mit unheimlicher Geschwindigkeit, ihre Wunden verschwanden wie Rauch im Wind. Mit langsamer, gnadenloser Präzision platzierte sie drei Schläge: in den Solarplexus, gegen den Hals, auf die Schläfe des Hühnen.
Bjornars Welt verschwamm in weißem Feuer, Blut und Kupfergeschmack. Seine Rüstung knisterte, glühte unter den unheiligen Treffern, er taumelte zurück, doch die Wand der Grube fing ihn. Er dankte ihr dafür, denn die Wand hinderte ihn auch, dem nun sich panisch windenden Wurm der Furcht in seinem Bauch nachzugeben, der ihn dazu trieb, das Heil in der Flucht vor diesem unerbittlichen Monster in Frauengestalt zu suchen. Da stand er zitternd, bebend, schmauchend, von den Flüchen des Namenlosen durchpulst, vom peinigendem Höllenfeuer umbrandet, aus zahllosen Wunden blutend.

Er stand und stand und seine unbändige Lebenskraft floss blutig aus ihm heraus, wie vergeudete Milch aus einem zerrissenen Euter. Schließlich sank er auf die Knie, man mochte es äußerlich mit einem Flehen um Gnade verwechseln, aber sein Blick war starr und schließlich stumpf und bis zuletzt auf sie gerichtet.
Sie verharrte reglos und kalt.

 
Dann zerrte sie ihn brutal nach oben, er knurrte, wollte besinnungslos um sich beißen, wurde gemaßregelt, der Helm wurde ihm fortgerissen, blutige Blicke trafen sich.
Sie stellte ihn auf die Füße, reinigte ihn mit ihren harten Händen vom Schmutz der Grube.
Dann gab sie ihm eine Aufgabe, der er nie im Leben gewachsen sein würde.
Es herrschte Ruhe, lange Zeit.
Gegenseitige Blicke.
Und der Besiegte, doch nicht Unterworfene, teilte mit fahrigen Bewegungen seine Beute des Tages mit ihr – ein Drachenherz, dass er auf dem Garderitt erbeutet hatte. Sie quetschte das Blut aus dem Organ wie aus einer reifen Frucht und trank, er riss mit den Fängen das rohe Fleisch und schlang.
Etwas geschah zwischen beiden.
Etwas war anders.


Cataleya_klein.gif
(Animiertes GIF. Klick plz!)

Als Cataleyas Schritte verklangen, saß Bjornar noch lang alleine da, zerschlagen und blutend, aber ungebrochen. In das Schweigen und die Stille der Grube murmelte er leise, kaum hörbar für sich selbst:
Ynge, jeg han myr neyt verlorn…
Trotz seiner Wunden, trotz der Demütigung, wusste Bjornar, dass er in diesem Moment innerlich stärker gewesen war, als je zuvor. Auf eine Art, die nichts mit dem Axtschwingen zu tun hatte.
Doch ob die andern, ob Ynge es auch bemerken würden?
Hätte Cataleya sich im Fortgehen umgedreht, so hätte sie in seinem noch immer klaren Gletscherblick Dankbarkeit erkennen können.


Katerleier_Trost.png

Bjornars Bärenfreud kam zu ihm, er grub die Hand in das weiße Fell, besudelte es mit seinem eigenen Blut und siehe, der Bär legte tröstend eine Pranke um ihn.
Er war mit dem Monster nicht allein gewesen, er hatte einen Bruder als Zeugen.

 
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Der Rätselmeista, oder: Sonnenwindsturmarmfalten

Beitrag von Bjornar »

Nun war es so, dass die junge Hathran für Bjornar von äusserst geheimnisvoller Bedeutung war. Das Schicksal hatte sie nach Fjellgatt gebracht. Sie war vom Unglück verfolgt und die Ahnen hatten ihr die Gnade entzogen. Dies mag mit dem immer noch verschollenen und heftig gesuchten Weissen Hirsch zu tun haben. Verschwunden war ihre Nebelmagie, kaum ein trauriges Wölkchen brachte sie hervor. Umso mehr aber sprach sie in Rätseln – es war, als wäre sie noch weiter entrückt und könnte die Welt nur in geheimnisvollen Wort-Bildern zum Ausdruck bringen. Für Bjornar, war es das Größte, doch allein überstieg es seinen Verstand, die geheimnisvollen Worte zu deuten. Nach einem weiteren solchen Rätselspruch, vermeinte er, ohne Ynge nicht weiter – oder vielmehr näher – an die Geheimnisvolle Tarsnjor zu kommen.

Bjornar blickte Ynge hilfesuchend an. Tarsnjors Kopf war leicht zur Seite geneigt, und ihre Blick war mit jenem warmen, sanften Schmunzeln auf ihn gerichtet, das ihm jedes Mal das Herz und zugleich die Sprache und Verständnis verschlug. „Har, jeg glob, da konnst dey bes zum nexdn Fryling eene Andwort yberlejen!“, spottete Yngvildr laut lachend neben ihm, als Bjornar hilflos über das Rätsel grübelte.
„Waaa?“, fragte Bjornar verwirrt. Ihn beschlich das ungemütliche Gefühl, dass er gerade etwas ungeheuer Wichtiges verpasst hatte, etwas Entscheidendes, dass ihm für immer verborgen bleiben würde. Panisch schaute er zwischen beiden Frauen hin und her, „Ynge! Hilf doch!“ Tarsnjor sah ihn an und sprach geheimnisvoll wie stets: „De webst de Nevel mit dey stumme Hand, hällst dey Worte in fremde Land, was will dey Gjeyst, wenns Schweige ney jenügt?“

Bjornar legte die Stirn kraus. „Schweign. Jeg soll neyt so füll redn … sagt se?“ Er blickte ratloser noch zu Yngvildr, die mit einer Mischung aus Mitleid und Spott zu ihm herabsah. Diese setzte zur hilfreichen Erklärung an und versuchte Tarsnjors letztes Rätsel zu wiederholen: „De jung Bjorn, wje en Blatt em Wynd, wjrd hin un herjetriebn og hängd em Jebysch. Sprjngd fon Nevel zu Nevel...“, erinnerte sich Yngvildr, doch Bjornar wedelte wild mit den Händen. „YNGE! Neyt dey og!“ Bjornars Augen waren schreckgeweitet vor Angst. „Ney, jeg will neyt wegwehen hyr! Gar neyt!“ Dann wurde er noch panischer, als er merkte, dass nun auch Ynge in Rätseln sprach: „Hast dyr anstekkt? Kriegt man das? Hört das wieda uff?"

Rätselmesiter Ynge und Tars.png

Tarsnjor konnte ein Kichern kaum verbergen und rieb sich seufzend mit der Hand übers Gesicht. Dann erklärte sie unter Mühe, mit rauer, schmerzender Stimme: „Eyn letzt mal, junger Bär. Dey wollst was mache … was willst denn mache? Jeg frag dey de janze Zeit dasselbe....“
Bjornar strahlte plötzlich auf, sprang fast vor Begeisterung auf der Stelle. „AH! HA! TARS! Daas han jeg verstanden! Jeg han das verstanden! … glaub jeg wirklich!“ Er wandte sich an Ynge und zeigte aufgeregt mit der Hand auf Tars. „Ynge! Sieh! Hör! Schau! Se kann doch klarsprechn!“
„Jau! Machd se dog de janze Zejt!“, lachte Yngvildr dröhnend. Bjornar zuckte die Achseln, schüttelte verwirrt den Kopf und murmelte, um sich selbst Mut zuzusprechen: „Also … Schweign … un wartn … un dann wirds klar … irgendwann.“ Mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Verzweiflung trat er sehr ruhig und langsam näher an Tarsnjor heran, blickte ihr fest in die Augen. „Jeg wyll dyr unbedingt verstehn, weest?“
Doch Tarsnjor versteckte ihr Gesicht hinter den Händen, seufzte leise. Nach einer kurzen Pause flüsterte sie erneut rätselhaft: „Keyn schlaua Bub, keyn hella Sinn, ringst dey im Nebel og ohne Gwinn, wer Warheyt sucht, bleybt og unbelehrt, weil kluge Funke dey verwehrt.“

„O, ney!“, rief Bjornar verzweifelt, aber zugleich fasziniert. „S geht schon wieda los!“ Dann schwärmte er: „Iss das schön … un gheimnisvoll …“ Yngvildr prustete los: „Dje had nur jesachd, dat dey dumm best! Harharhar!“
Bjornar nickte zustimmend, dann schlief ihm das Gesicht ein. Er schaut zu Tarsnjor, die Augen dunkel, doch auf dem halben Weg zum Beleidigtsein heiterte sich sein Gemüt bereits wieder auf und er nickte heftig und zustimmend: „Jau, iss doch wahrlich so!“ „Hab jeg dey och schun ofd jesachd!“, setzte Yngvildr vergnügt nach.
„Aba neyt so schön!“, protestierte Bjornar und entschloss, alles dafür zu tun, die geheimnisvolle Hathran zu verstehen.

Rätselmeister_Thjondar.png

Am Abend fand Bjornar Thjondar, den alten Schamanen. „Wir brauchen den Nebel für Tarsnjor! Un dey musst myr lernen, derseine Rätsel zu verstehn!" Thjondar war bereits müde vom langen Tagewerk, aber Bjornar lies nicht locker. „To red'st von det Tarsnjor? Die spricht immer in Rätseln. Je glaub, die weiß de Antwortn selbst neyt.“
„Doch!“ beteuerte Bjornar und hätte beinahe mit dem Fuß aufgestampft. „Ynge versteht das og!“, fügte er als Beweis hinzu: „Die ham sich beyde verständigt und jeg han Kopfschmerz gekriegt vom zuhörn!“, jammerte Bjornar eindringlich. „Es iss veldig wichtig, was de Tars sagt, jau? Sonst wärs jau keen Rätsel!"
Thjondar sah ihn nachdenklich an. „Wenn je neyt weiss, was die gereimigt hat, kann je dir auch neyt helfen.“ Auch hier widersprach Bjornar starrsinnig: „Doch, de kannst myr lern, de Reimrätsel zu verstehn! Los, husch, Sjaman, mach das alles gud wyrd!“ Bjornar sah ihn so flehend an, dass Thjondar schließlich seufzte und zustimmte und ein Rätsel aus seinem müden Geist hervorkramte: „Det Kalte mach je warm, det Warme mach je kalt. Hast mey ob reich, ob arm. Wer lang may hat, wird alt.

„Fabelhaftig!“, Bjornar lief aufgeregt auf und ab, murmelte hektisch vor sich hin und zählte dabei an seinen Fingern. „Det Kalte macht warm … Sonne, genau! Det Warme macht kalt … Wind, jau!“ Er hielt inne, schaute grübelnd in die Luft und zupfte nervös an seinem Ärmel. „Hast mey, ob reich, ob arm... Arm… Arme, nen Arm hat jeder, gnau! Und alt werden … hmm, faltig wird man dann… JAUUUU!“ Plötzlich strahlte sein Gesicht auf wie eine Fackel. „Jeg habs! Die Antwort iss Sonnenwindsturmarmfalten!“
Thjondar schmunzelte sanft. „Denkst to wirklich, so ejn Wort gibt es?“
„Natürlich gibt’s das! Das muss jeg der Tars sagen, dann versteh jeg die endlich!“, jubelte Bjornar und eilte glücklich hinaus. Von draußen hörte man ihn fröhlich durch ganz Fjellgatt schreien:


Rätselmeister.png


Der alte Schamane nickte gutmütig, kratzte sich am Bart und murmelte: „Je denk, mit Sonnenwindsturmarmfalten kannste die ordentlich beeindrucken.“
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Bjornar
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Die Bären erwachen

Beitrag von Bjornar »

Strahlend ruhig lag die See, brandete mit sanfter Macht. Bjornar fieberte - wie der Stamm - dem Tag entgegen an dem Tarabasch seinen letzten Kampf zu bestehen hatte. Heut war es so weit. Stunden vor dem Kampf stand er am Meeresufer, starrte hinaus auf einen flimmernden Fischschwarm. Bjornars Blick ruhte auf ihm. „Ehrengruss! … und Ehrenkuss!“, rief er mit einem Grinsen und spitzte frech die Lippen.
Der Freund brummte nur und sah nicht hin. „Solkr zu Ehr, Jung“, kam es murmelnd, fast abwesend. Dann trocken: „Dey sollst de Wejber küssn, obr neyt myg…“ – Bjornar lachte und schmatzte in die Luft. Doch hinter dem Scherz lag tiefe Unruhe. Es hatte zu viele Zeichen gegeben. Bärenzeichen. Beide fühlten sie. Bjornar suchte Halt im Scherz, während Tarabasch nur nickte, brummte, in sich gekehrt. Als Bjornar fragte, ob er ebenfalls einen Bären in der Brust trüge, legte Tarabasch die Hand aufs Herz. Beide hatten sich ihre Stammesnarbe dorthin schneiden lassen. „Det war schon immer Solkrs Ruf…“ Bjornar nickte. „Verlier dyr neyt“, sagte er leise. Und dann, wie ein Gebet: „Myr hilft der Atemzug den jeg vom Aanatus abgeschaut hab. Einmal ein, dreimal aus.“ Gemeinsam atmeten sie, tief und lang, versuchten das Zittern aus den Händen zu vertreiben – und das Brüllen aus den Herzen.

Die Feuer im Brandring waren zur vereinbarten Stunde entzündet. Unzählige Bären waren gekommen. Wiedermal. Als Wachen? Als Zeugen. Als Verbündete! Die Luft lag schwer über Fjellgatt, als das Signalhorn erklang. Tief und lang, bedrohlich. Feindseligkeit und Anspannung überall, als die Nachtalben ins Dorf einzogen. Bjornars Puls hämmerte in der Narbe an seinem Hals, als er unter ihnen die Gestalt von Xun'Rae erkannte. Zuerst ihren verhassten Geruch, dann ihren Anblick, ihren Namen, immer ihr Messer. Seine Faust schloss sich unwillkürlich um den Griff des Brandzeichners, als sich die Albe mit einem provozierenden Lächeln zu ihm wandte. „Ich hoffe ihr konntet ein neuen Bären finden?“, säuselte sie mit flatternden Mundwinkeln.
Hrngnir! Der Bär, der sein Leben gab, um ihn vor ihrem Morddolch zu retten. Bjornar dachte an die Bären-Trophäen, die Davind ins Kinderzimmer des Handwerksbundes gehängt hatte, um Bjornar über den Verlust des Tieres hinwegzutrösten. Er hatte sie heut Morgen abgenommen. Er dachte an Brodomur. Der hatte keinen Bärenbruder gehabt, als sie ihn heimsuchte mit ihrem Dolch, allein, im Stollen bei der Arbeit. Ungerüstet.
Der Jothar hatte Rache geschworen für den Freund und Verbündeten.
Tarabasch hatte Rache geschworen für den ehrenhaften Krieger, seinem freundschaftlichen Gegner im Brandring.
Bjornar hatte Rache geschworen, beim letzten Atemzug des letzten Zwergenhelden.
Und nun musste er sie einlassen, die Mörderin, ins Dorf, unverhüllt, dreist und ganz und gar lebendig?

Bärenblicke. Worte. Falsches Geflüster rund um die Grube. Ein lächerlicher Alben-Wicht spielte sich als Anführer auf, zuckte aber unter dem Gezischel der Alben-Weiber, die hinter ihm standen. Unwürdig, neben dem Jothar zu sitzen, oder das Wort an ihn zu richten. Der Jothar ertrug es, Tarabasch zu liebe. Die Regeln wurden aufgesagt: Aufgabe oder das Verlassen des Feuerkreises bestimmten den Verlierer. Wie immer. Der ganze Stamm sehnte sich danach: Tarabasch sollte endlich Skilt der Trymm’takk sein! Sol überließ sogar der jungen Freyja die Ehre, die Trommel zu schlagen. Die Kämpfer wurden benannt. Xun’Rae!
Der Schicksalsschlag kam wie erwartet, unaufhaltsam, rollte herbei im Rhythmus der Trommeln. Die Unheilszeichen erfüllten sich und nahmen Gestalt an im Namen der verhassten Kreatur: Die Alben hatten den Gegner gewählt, dessen Sieg die größte Demütigung des Stammes wäre. Tarabasch würde gegen die Mörderin des Zwergenbruders antreten müssen. Hier am selben Ort, wo er einst Brodomur bezwang, um ihm dann mit Handschlag aus dem Staub zu heben und lachend zum Freundschaftstrunk zu laden.

Es war soweit. Bjornar holte den Freund ab vom Meer, wo der ruhig stand und auf seinen Kampf wartete, von Erinnerungen an die Drachenschiffreiter seiner Familie umsegelt. Er führte ihn zur Kampfgrube, in der heute ein Höllenfeuer brannte, denn es war von düsteren, feigen Gestalten umringt, nicht von aufrechten Helden, wie es Tarabasch gebührt hätte. Auf dem Weg richtete Bjornar ein warnendes, vorbereitendes Wort an ihn, wollte lieber selbst der Bote des Unsäglichen an den Freund sein. Die Schicksalsweberinnen spannen unerbittlich ihren Faden. Raum fürs Zögern oder Zweifeln gab es nicht.

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Der Kampf nahm seinen Lauf. Bjornar hörte den Segen der jungen Hathran kaum, war es doch ein frommer Wunsch auf ihren Rätsellippen, bei dem, was nun kommen musste.

--- Im Hauch de Nevel wache,
Geystaflüsta sey sin Schild,
Ahnelicht jib ihm Kraft,
das sei Herz in Finsternis nej Schwillt....
Nevel reinige seine Sinne,
Flüsterton erfüll sejn Ohr,.....

Der Kampf war rasch und brutal. Tarabaschs Hiebe waren kräftig, aber Xun'Rae bewegte sich flink, tänzelte wie ein Schatten aus seinen Angriffen heraus. Ihre Dolche fanden bald ihren Weg in Tarabaschs Fleisch, erst ein Schnitt am Oberschenkel, dann ein gezielter Stich in seinen Rücken. Unmögliche Sprünge und Wirbel auf engstem Raum. Höhlentänzer. Bjornar sah, wie sein Freund schwankte, wie Blut auf den Boden tropfte.
Die Mörderin war nicht zu treffen, nicht zu fassen, wie all die Monde lang, seit ihren feigen Anschlägen. Selbst im Brandring nicht. Bären wurden unruhig. Der Stamm wurde unruhig. Gift und Zauberei, das war zu erwarten. Aber war es das? Selbst der Jothar sprang auf, ungehalten, als sein bester Krieger sich verzweifelt aufs Speerwerfen verlegte. So ging er dann zu Boden, denn im Sturm der fliegenden Messer triumphierte die gewandte Mörderin.

Sorgenflut überschwemmt Bjornar, über das was kommen würde. „Verlier dyr neyt!“ schreit er und winselt halb, als Tarabasch blutüberströmt Axt und Schild fortwirft und die Wut des Bären entfesselt – „Solkr! Kovakarhu!“ er rief sie an, mit heiserer Kehle, welche kaum Raum hatte für die Urgewalt –, und sein Körper bäumte sich auf. Ein tiefes, tierisches Brüllen erfüllte die Grube, hallte von den Bergen. Bjornar stimmte ein, die Bären stimmten ein! Und Tarabasch wirft sich mit unbändigem Zorn auf Xun'Rae.


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Jetzt packt er sie. Schleudert sie herum. Kannte keinen Schmerz und keine Stiche. Albenblut explodiert, als er seinen Schädel in ihr Gesicht rammt, wieder und wieder. Der schmächtige Gegner, jetzt ein hilfloses, benommenes Kind, die Pranken hagelten unerbittlich. Der Stamm johlte, vom Blutrausch erfasst. Der Rache würde genüge getan! Der Recke würde siegen, nach Barbarenart. Manche verlangten schon nach ihrem Kopf. Tarsnjor flüsterte, Bjornar wimmerte und eilte an der Grube auf und ab, da flog der gebrochene Albenkörper jäh aus dem Brandring.

Der Berserker Tarabasch hörte nicht auf. „Tara!“, brüllte Bjornar verzweifelt, „Denk an deyn Ehr! Denk an Brodomur!“ Doch sein Freund war tief verloren. Er rammt die wehrlose, gebrochene Puppe gegen den Rand der Grube und setzt nach. Der Kampf ist entschieden, der Jothar hebt die Hand: „Bringt’s den zur Ruh!“
Der Kämpfer aber war nur Mordlust. Er quetschte und rammte das Leben aus seinem Opfer. Bjornar warf sich in die Grube und packte den Freund, stürzte mit ihm zu Boden in einer Bärenumarmung. Sol war bereits da, übergoss beide mit Wasser und Bjornar hielt und hielt den Bruder mit aller Macht und Gewalt, so wie er doch selbst gehalten werden muss! Muskeln rissen, Bänder und Gelenke sprangen. Fäuste, Bisse, Kopfstöße. Ein brutales viehisches Ringen bis zum Schluss. Schließlich lagen beide Hünenkörper zuckend ineinander verkrallt, schnaufend und Elend am Boden der Grube. Stirn an Stirn. „Verlier dyr doch neyt…“ schluchzte Bjornar und mit fahriger Hand tastete Tarabasch nach der vertrauten Stimme. Ringsum brannte das Höllenfeuer.

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Ausserhalb des Ringes: Geschrei und Chaos. Drohungen, Waffengeklirr, Worte der Macht. Angestachelt vom grausamen Kampf, hatte niemand Zeit für Worte. Aller Anschein von Freundlichkeit zwischen den Alben und Trymm’takk war brutal hinfortgefegt. Bevor die säbelrasselnden Alben von den Wachen und vom versammelten Stamm überwältigt wurden, rief eine Zauberin einen gewaltigen Eissturm herbei – zischender Drachenodem - in dessen Schutz das abscheuliche Pack die Flucht ergriff. Bjornar kannte die Zauberin von den Jagden mit der Schwarzen Garde und Hednar. Die gekrönte Albe. Die Drachengestaltige. Die eigentliche Herrscherin. Die mit der Spinne.

Ragnar und Tyra begleiteten die beiden zerschlagenen Krieger zu Tarabaschs Haus. Versorgten Wunden. Tarabasch konnte sich an wenig erinnern – der Preis seiner Raserei. Auch das war Bjornar vertraut. Er saß am Rand des Bettes, den Blick auf den verwundeten Tarabasch gerichtet, dessen Atem langsam und schwer durch die Nase drang. Berichtete dem Held von dessen eigenen Taten. Am Schluss zögerte er, suchte nach dem richtigen Bild. „Da hast den Solkr gerufn... und der is komm. De warst siegreich. Der Brodo… der Brodo hat gelacht im Grab!“, rief Bjornar aus.
Tarabasch nickte. "Er hat jelacht..."
Dann fügte Bjornar hinzu:
„Nur... hast neyt uffjehört.“

Tarabasch brummte und nickte wiederum, ruhig nun. Jetzt, wo sich die Aufregung gelegt hatte, fiel ihm auf, wie zerschlagen auch Bjornar war – sein Gesicht blau unterlaufen, Schrammen am Kiefer. Tarabasch musterte ihn mit ernster Miene. „Og warum siehst dey so us, Jung?“ Bjornar zuckte die Schultern, tastete nach dem losen Zahn, zog ihn mit einem kurzen Ruck heraus, spuckte ihn in die Hand.
„Wer hamm dyr festhalten müssn. Wie in dem Lied vom Tamerlin. Jeg han dyr gehalten, bis zum End…“

Bjornar erhob sich, trat zu einer kleinen Kiste, kramte darin, während Tarabasch langsam in die Felle zurücksank. „Das wyrd de Mörderin nie vergessn...“, murmelte Bjornar. „Xun... Rae...“, sprach er langsam, den Namen rollend auf der Zunge.
Tarabasch lachte schwach. „Also hab jeg se bra verdroschn... veldig bra.“
„Jau...“, antwortete Bjornar, doch sein Blick war ernst geworden. „Aba... was iss dyr wichtiga – deyn Ehr... oda de Rache an der Xun...?“
Er betrachtete die kleinen Trophäen, die er ausgepackt hatte – seine Bärentrophäe und Bärenspielzeug von Hrngnir.
„Sag schon...“, flüsterte er. „Was iss dyr wichtiga?“
Tarabasch schwieg lange, dann sagte er langsam: „...de Gerechtigkejt. Et war rechtens, de Mörderin von Brodomur zu Rechenschaft zu ziehn. Og det ist myr wichtiger als myn Ehr... obr et war ehrenvoll, de dafür büßn zu lassn.“
Bjornar fragte unsicher: „Also... han jeg... falsch gemacht...?“
Tarabasch schüttelte den Kopf. „Ney hast dey neyt...“
„Die wär tot gewesn, hätt jeg dyr rasen lassen...“, murmelte Bjornar.
„Jeg hät det selbe gemacht.“
Ein Moment verging. Dann sagte Tarabasch ruhig: „Det war ejn ehrenvoller Kampf im Brandring. Og dort darf et kejne Tote gebn.“
„Hmhm...“, machte Bjornar nachdenklich. „Das heest also... jeg… Sol un jeg… wyr ham de Mörderin gerettet. Vor dyr... vor Solkrs Zorn...“
Tarabasch nickte. „Der Johtar hat rechtes gesprochn...“
„Un das is gud so?“, fragte Bjornar.
"Jau... iss gud... so...", bestätigte Tarabasch.
Bjornar trat langsam ans Bett, deutete auf sein Bärenspielzeug.
„Dass da... Iss Hrngnir. Oda solls seyn.“
Tarabasch brummte schon im Einschlafen. „...Hrn...gn...ir...“
Bjornar flüsterte: „Un dass da… iss meyne Rache.“
Er legte seinen ausgeschlagenen Zahn auf die geschnitzte Bärenfigur.
„Kannste beydes habn."

Tarabasch begann leise unter der Last seiner Wunden zu schnarchen.
Bjornar setzte sich, der Schlaf des Bruders war sein Wachtposten.
Seine Rache, ein Geschenk an den Bruder, zu dessen Ehrentag.
Tiefe Ruhe kehrte ein, in die kleine Hütte am Jammerfjord.
Die Herzen der Bären schlugen still.
Und draußen, vor dem Fenster, da brandete die See mit sanfter Macht.
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