Auf den Pfaden der Wut Teil VI: Der Blutsud
Der Tag war gekommen, heute würde er die Weihe empfangen und den Blutsud zu sich nehmen.
Ein Trunk der die Raserei des Berserker in ihm erwecken würde. Eine Ehre aber auch eine große Gefahr, für Tarabasch selbst und alle jene die bei dem Ritual zu gegen waren.
Sein gesamter Körper war mit zeremoniellen Bemalungen übersät und seine Kleidung war aus schwerem Bärenfell gefertigt worden. Am Tage zuvor, hatte er sich noch eine würdige Axt geschmiedet, diese möge ihm zum Vorteil gereichen, bei der Herausforderung die vor ihm lag.
Es war später Nachmittag, als er sich zum Thingplatz aufmachte. Tarabasch hatte die Stunden zuvor ruhig und in Gedanken versunken an der Quelle, innerhalb des Dorfes Fjellgat, verbracht. Er musste seine ganze mentale Kraft bündeln, um diese letzte Prüfung, die Wichtigste von allen, zu bestehen. Einen tiefen Atemzug machend, stemmte er sich hoch von dem Stein auf dem er saß und blickte in das gurgelnde Wasser vor ihm. Sein Spiegelbild sah furchteinflößend aus. Die Bärenmaske auf seinem Haupt, ließ ihn aussehen wie einen Krieger der halb Barbar halb Bär zu sein schien. Er brummte zufrieden, genau das würde er nach diesem Tag auch sein,... ein Berserker Solkr's.
Ein Großteil des Stammes wartete bereits auf ihn, aber nur wenige Auserwählte würden bei der Aussetzung in der Wildnis und der Einflößung des Blutsuds dabei sein. Zu gefährlich war dieses Unterfangen.
Tarabasch wurde von Solvaig begrüßt, der Skaldin Thrymm'tacks und einem junge, kräftigen Werager des Stammes, namens Krimhald. Und da war auch noch sein Bruder Argolf, er sah besorgt aus und wirkte angespannt, vielleicht sogar angespannter als Tarabasch selbst es war. Doch verspürte der Jungberserker keine Zweifel, der Weg der sich vor ihm aufgetan hatte war für ihn klar ersichtlich. Mit einem anerkennenden und beruhigenden Gesichtsausdruck legte er Argolf eine seiner mächtigen Pranken auf die Schulter.
Alles wird bra Bror, dey wirst sehen, mach dyr um myg kejne Sorgen. Uf Solkr vertraue.
Dann schritten sie gemeinsam in Richtung Ritualstätte, wo der alte, honorige Schamane Segimer, die Gesellschaft erwartete. Er sprach mahnende aber auch inspirierende Worte, ehe eine Schar, aus einer Handvoll Stammesangehöriger, in Richtung Süd-Westen ritt. Tarabasch selbst durfte auf dem Rücken eines beschworenen Bären reisen, diese sollte die Bindung zu seinem Schutzpatron noch weiter vertiefen. Auf dem langen beschwerlichen Weg stieß auch noch Thjondar, der Waldläufer des Stammes, zu der Gruppe. Der erfahrene Veteran wusste um die Gefahr des Rituals und war eine willkommene Verstärkung, denn niemand konnte vorhersehen, wie sehr, der unbändige Zorn des Berserkers, Tarabasch verändern würde.
Erst spät am Abend, erreichten sie den Ort, an dem er den letzten und gefährlichsten Abschnitt seiner Reise, auf den Pfaden der Wut beschreiten sollte.
Sie waren tief im Dschungel der westlichen Reiche angekommen, das Schreien und Zischen der wilden Tiere um sie herum war allgegenwärtig. Das Dickicht machte ein vorankommen schwer und immer wieder peitschten mit Dornen besetzte Äste in die Gesichter des Reisenden.
Die Luft war süß und schwer, die Dunkelheit drang auf sie ein und niemand sprach ein Wort.
Wie aus dem Nichts tat sich plötzlich eine alte Tempelruine vor ihnen auf. Der alte Schamane deutet stumm, ihm in die verlassenen Gemäuer zu folgen.
Am Eingang zum Inneren der Ruine ließen sie ihre Reittiere stehen. Segimer hieß Tarabasch bei den Tieren zu warten, bis das Ritual vollständig vorbereitet war und er nach ihm rufen würde. Der Werager nickt stumm und verharrte reglos und in tiefer Konzentration, bis er nach geraumer Zeit die Stimme des Schamanen vernahm, die nach ihm rief.
Mit weiten, schweren Schritten durchquerte er das Tor und betrat einen befremdlichen Hain innerhalb der Tempelmauern. Er sah nur Segimer den Schamanen und neben ihm stand Argolf sein Bruder der eine eigentümliche, schimmernde Phiole in den Händen hielt. Den Blutsud...
Tarabasch spürte die aufkommende Anspannung, seine Atmung wurde schneller und seine Muskeln verkrampften sich. Er versuchte zwanghaft die Ruhe zu bewahren, die Worte des Schamanen schienen weit entfernt, der Kampf im Inneren des Barbaren tobte bereits.
Plötzlich sah der die Schemen eines geisterhaften Bären, den der alte Druide beschwor. Ein tiefes Grollen ertönte und die nebelhafte Bestie stürmte auf Tarabasch zu, ehe sie sich so schnell verflüchtigte wie sie erschienen war. Ein kräftiger Windhauch erfasste ihn, woraufhin sein muskulöser Rücken nach hinten gerissen wurde und sich unnatürlich krümmte. Sein Bruder stand nun direkt vor ihm, Brust und Hand waren blutverschmiert, ganz konzentriert auf seine Aufgabe tropfte er den des Saft des Lebens in den Trunk, woraufhin sich die Flüssigkeit, in der Phiole, dunkelrot färbte. Tarabasch sah sich um, der alte Schamane Segimer war nicht mehr zu sehen, lediglich die flüsternden Stimmen seiner Gefährten und das Trommeln der Skaldin waren in der Finsternis zu vernehmen.
Er spürte wie sich die Erde unter ihm verformte und er bis zur Hüfte in den Boden versank, seine Arme wurden ebenfalls gebunden und so verharrte er in angespannter und wehrloser Haltung und erwartete die Einflößung des Trunks. Argolf kam einen weiteren Schritt auf ihn zu, die Phiole vor sich gestreckt, sprach er die Worte ,auf die Tarabasch gewartet hatte.
Öffne dyn Mund Bror og empfange den Segen of de Berserkja
Sorge lag in der Stimme seines Bruders, oder war es Furcht? Einerlei, Tarabasch öffnete den Mund und empfing den Blutsud.
Die zähe Flüssigkeit strömte seinen Schlund hinunter, sie schmeckte bitter und nach Eisen. Er kniff die Augen fest zusammen, als sich ein alles verzehrendes Brennen in seinem Inneren ausbreitete. Sein Körper begann sich unter schweren Krämpfen zu verdrehen und wild zu beben. Er begrüßte den Schmerz, die Umarmung der zügellosen Wut die sich in ihm auftat und dann plötzlich, vernahm er ein ohrenbetäubendes Gebrüll, einen gewaltigen Kriegsschrei der die Nacht zerriss und die Bestien im Dschungel verstummen ließ und schlagartig wurde ihm gewahr, dass er selbst, der Vater dieses Urschreis war.
Als Tarabasch seine Augen wieder öffnete und den Dämon vor sich sah, war da nur noch blanker, entsetzlicher Zorn und eine alles verzehrende Wut, die unbezwingbar und unaufhaltsam seine Arme aus der Umklammerung der Erde riss. In tobender Raserei griff er nach den Hufen des Dämons und zwang ihn zu sich, hinab auf den erdigen Boden. Die Bestie wehrte sich, doch zu schwach war sie, aus der Umklammerung eines der Söhne Solkr's gab es kein Entkommen. Mit seinen Pranken packte er das Haupt seines Opfers. Er würde dem Drochsal den Schädel zerquetschen, mit seinen bloßen Händen...