Istraym: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Handbuch - Die Neue Welt
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Der Patron selbst residiert weiterhin im Zentrum der Stadt. Alle paar Jahrzehnte hinweg mag wohl, nach dem Ableben des Alten, ein neuer Patron aus den Rängen der höchsten “Gesehenen” gewählt werden. Und auch wenn der Patron weiterhin kein einziges Gesetz erlassen hat, keinen einzigen Befehl sprach, so ist es doch seine Gunst, auf die ganz Istraym sich stützt.
 
Der Patron selbst residiert weiterhin im Zentrum der Stadt. Alle paar Jahrzehnte hinweg mag wohl, nach dem Ableben des Alten, ein neuer Patron aus den Rängen der höchsten “Gesehenen” gewählt werden. Und auch wenn der Patron weiterhin kein einziges Gesetz erlassen hat, keinen einzigen Befehl sprach, so ist es doch seine Gunst, auf die ganz Istraym sich stützt.
 
==Geografie und Klima==
 
==Geografie und Klima==
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Istraym liegt an einer Schwelle zwischen den Gezeiten. Etwa die Hälfte der Stadt ist in eine stabile Steilküste gearbeitet, teilweise erstrecken sich die dortigen Häuser in den Fels hinein, Straßen sind durch ein Netzwerk aus Tunneln verbunden. Vom Gestein aus ergießt sich der Rest des Stadtstaats über das Meer, erbaut auf einer schier endlosen Konstruktion aus Stegen, Plattformen und aufgeschütteten kleinen Inseln. Wenn ein Vorankommen zu Fuß, über Laufwege, Brücken oder Planken nicht möglich ist, sorgen Gondeln und Boote für den sicheren Transport von Waren und Personen.
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Eine Reihe von niedrigen Mauern, wohl eine schlaue Konstruktion zum Brechen von Sturmwellen, umgibt die Stadt. Eine Wehrmauer ist nirgendwo zu sehen, viel mehr verlässt sich Istraym auf Schutz aus einer Kombination tückischer Strömungen, scharfkantiger Riffe und einem nahezu immer präsentem Nebel, der die umliegenden Gewässer verhüllt. Die sicheren Meereswege in die Stadt hinein sind ein wohlgehütetes Geheimnis der Navigatoren des Istraymer Hafens, auch wenn fünf große Leuchttürme zumindest behelfsmäßige Anhaltspunkte darstellen.
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Aufgrund des umliegenden Nebels, der gerne auch einmal in die Gassen der Stadt kriecht, und dem Überhang der Steilküste ist direkter Sonnenschein ein seltener Gast in Istraym. Viel öfter herrscht unter Tags eine Art geisterhaftes Zwielicht, das nur zu schnell wieder von den Schwingen der Nacht abgelöst wird. Natürliche Vegetation ist aus diesem Grund recht rar, stattdessen sorgen manche Vereinigungen der Stadt für entsprechende Begrünung. Durch die große Dauer der Dunkelheit und den nahen Fels bekommt es hier im Sommer selten mehr als 25 Grad, während die Winter lange und kalt ausfallen.
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Istraym ist recht grob in fünf Bezirke unterteilt, wobei die Bezirksgrenzen an manchen Orten durch tatsächliche Mauern fixiert wurden, an anderen Positionen erfolgten stattdessen eher grobe Markierungen an Gebäuden.
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Im Zentrum der Stadt liegt eine einzelne, perfekt gerundete Insel, auf welcher ein schlossartiges Anwesen thront: Feluwerth, das Domizil des Patrons. Fünf Brücken, eine für jeden Bezirk, verankern diesen Knotenpunkt im Mittelpunkt von Istraym.
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===Die fünf Bezirke===
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====Uchence====
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Dieses Viertel im Rücken von Istraym, auf der Schräge der ausgehöhlten Steilküste, ist Heimat der meisten Handwerker, seien es Tischler, Glasbläser oder die berühmten Maskenmacher. Obwohl die Wohnverhältnisse eher einfach gestrickt sind und oft von den Arbeitern diverser Werkstätten genutzt werden, hat Uchence einen ganz eigenen Stolz und ein Ansehen, dass aus der schöpferischen Kraft vieler fleißiger Hände geboren ist.
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Charakteristisch für diesen Bezirk sind die vielen winzigen, fast schon aufeinander gestapelten Läden und Verkaufsorte, sowie die von Treppen durchzogenen Gässchen. Es reiht sich Tür an Tür, während die tatsächlichen Lager, Schauräume und Ateliers sich oftmals in den Stein der Felsküste öffnen und somit Innenräume bilden, die weitaus größer sind, als man es von außen erwarten hätte können.
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Die ''Spetta'' in Uchence geben sich besonders viel Mühe mit ihrer Umgebung zu verschmelzen, um in endlosen Prozessionen die Gassen zu bevölkern. Manche dieser Wesen dienen den Handwerkern gar als Musen und Inspirations-Objekte, doch die besonders engen Gassen dieses Stadtteils stellen bei der Gefahr eines aggressiven ''Spetta'' oftmals ein Problem dar.
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====Stria====
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Wer Funktion und Stabilität will, wird in Uchence fündig - doch Gedichte, Musik, gutes Essen, Pracht und Prunk sind in Stria zuhause. Kein Wunder also, dass der im Vergleich recht kleine Bezirk vor allem bei denen Anklang findet, die ein wenig zu viel Geld in der Tasche haben. Zudem treibt es hier auch oft Gelehrte und Wissenssuchende hin, denn allerlei Artefakte sind hier zu finden und zu bestaunen. Gleich zwei prominente Gilden, die Staubsucher und der Karneval, haben in diesem Viertel ihr Hauptquartier.
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Stria wird gerne auch als Vorort der hohen Familien bezeichnet, die Mitglieder jener Häuser sind nur zu oft hier in ihren besten Gewändern am flanieren.
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Eine andere Seite dieses Bezirks wird von den Justiziaren, Anwälten und Historikern verkörpert, die ebenfalls meistens in Stria bereitstehen. Hier werden Verträge ausgestellt und Bündnisse zwischen Familien geschmiedet, Abkommen geprüft und selbst Handschläge von einer dritten, qualifizierten Person abgenickt. So bildet Stria eine seltsame Dualität zwischen chaotischer Kreativität und ehrlicher Ordnung.
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Es war hier, in den Museen und Galerien von Stria, dass erstmals die Theorie aufgestellt wurde, ''Spetta'' seien durch künstlerisches Talent zu besänftigen und bei Laune zu halten. Ob Wahrheit oder purer Aberglaube - tatsächlich sind hier wohl die wenigsten Unfälle mit diversen ''Spetta'' zu verzeichnen.
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====Favine====
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Trotz des ständig präsenten Nebelzwielichts von Istraym ist die Stadt überraschend gut begrünt. Favine, der größte der fünf Bezirke, repräsentiert hier ein besonderes Extrembeispiel, ein Ort voller Gewächshäuser, kunstvoller Glasgebäude und gepflegten Gartenanlagen. Kaum ein Halm in diesem Land ist jedoch natürlich gewachsen, selbst ein scheinbar wilder Wuchs ist akribisch geplant und in Szene gesetzt.  Die Gildengemeinschaft der Architekten, die ihre Hauptaufgabe in eben dieser Stadtbegrünung sieht, hat in diesem Bezirk ihren Hauptsitz; ein wundersames Gebäude, das scheinbar zum Teil natürlich aus Bäumen gewachsen ist.
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Doch Favine steht nicht nur für die Schönheit der Natur. Der Hauptteil von Obst und Gemüse, welches auf Istraymer Tellern landet, wird in diesem Bezirk angebaut und auch Stallungen für Hühner und anderes Nutztier sind in den Außenbereichen von Favine zu finden - wenn auch, einfach aufgrund des benötigten Platzes, eher selten.
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Interessanterweise finden sich hier in Favine eine besonders große Anzahl von unterschiedlichen ''Spetta'', was die dortigen Bewohner und Arbeiter oft zu wahren Spezialisten im Umgang mit diesen Wesenheiten macht. Ein Glück, denn dem Volksmund nach zieht Favine, gerade in seinen freieren Bereichen, besonders mysteriöse und oft gefährliche Spetta an.
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====Ephento====
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Ephento ist nicht einfach nur ein Bezirk - wenn eine Familie es schafft, sich in Ephento Land zu sichern und dort ein Anwesen zu erbauen, dann zählt sie damit offiziell zu den hohen Familien. “Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied”, ein Rang ist in Istraym niemals in Stein gemeißelt. Für die hohen Familien gilt dies umso mehr.
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Die Art und Weise, wie man sich einen Platz in Ephento sichert, scheint dabei kaum von Belang. Egal ob brutale Übernahme oder geschicktes Manövrieren von Verträgen, jede der hohen Familien hatte eine eigene, gewinnbringende Strategie. So reiht sich hier Anwesen an Anwesen, umgeben von wundervoll gepflegten Straßen und, viel wichtiger, meterhohen Mauern und Zäunen aus kalt geschmiedetem Eisen. Jene, die an der Spitze des Landes residieren, sind sich nur zu bewusst, wie tief ein Fall sein kann - auch in der Vergangenheit musste schon die eine oder andere Familie das Viertel wieder verlassen.
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Es gibt überraschend wenige ''Spetta'' in Ephento, was vielleicht mit der imposanten Autorität des Viertels zu tun hat. Egal ob ''Spetta'' oder Außenstehende, auf dem Land einer hohen Familie sind nur zwei Arten von Besuchern zu finden: geladene Gäste oder eindringender Todfeind. Somit bleibt den umher wandernden ''Spetta'' schlicht der Platz zwischen den Schlossvillen, auf den sauberen Kopfstein-Straßen des Viertels - eine Umgebung, die diese Kreaturen womöglich als langweilig empfinden. Eine Ausnahme bilden hier jene Nächte, an denen in einem der vielen Anwesen zum Ball geladen wird (zugegeben: dies trifft auf eine große Anzahl an Nächten zu). Wo die Scharen von Istraym hinstromern, da sind die ''Spetta'' nie weit entfernt.
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====Yham====
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Yham, der äußere Ring des Stadtstaates, erstreckt sich in einem schmalen Halbkreis um fast ganz Istraym - nur an einer Stelle unterbrochen von den Gärten Favines. Yham ist wohl der abwechslungsreichste Bezirk und bietet sowohl eine traumhafte Lagune und malerische Promenaden, als auch versiffte Hafenspelunken und Hinterzimmer, in denen Schläger darauf warten, angeheuert zu werden. Alle Waren die in Istraym ankommen, oder die Stadt verlassen, müssen wohl oder übel durch Yham um den dortigen Hafen zu erreichen - der perfekte Ort, für das ein oder andere krumme Spielchen. Wer seine Goldstücke lose am Gürtel trägt, sollte hier vorsichtig sein.
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An besagtem Hafen findet sich auch das Quartier der Gilde Nautilus, für Seefahrer und Navigatoren, deren Aufgabe es ist, die fünf Leuchttürme von Istraym in Stand zu halten. Diese Leuchttürme sind in regelmäßigen Abständen in Yham, rund um Istraym, aufgestellt. Wie die Anzahl vielleicht vermuten lässt, steht jeder Leuchtturm für einen Bezirk - was sich auch in der Farbe des jeweiligen Feuers widerspiegelt.
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Yham stellt, vielleicht verwunderlicherweise, den historisch ältesten Teil der Stadt dar. Der Legende nach wurde bei Gründung der Stadt ein breiter Kreis gezogen, über das Wasser hinaus, von Stein zu Stein, um die Grenze des Landes zu markieren. Von dieser Grenze aus wurde nach innen gebaut.
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''Spetta'' von Yham sind vor allem in den dunkleren Ecken zu finden, im seichten Wasser der Lagunen oder unter Brücken. Auch wenn nicht alle von ihnen gefährlich sind, spiegeln sie doch oft die Atmosphäre dieses Bezirks.
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===Feluwerth, das Herz von Istraym===
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Version vom 12. März 2024, 12:58 Uhr

Istraym

Zwischen Glück und Gassenschluchten

file:Istraym01.png

Disclaimer - Vor dem Lesen…
  • Auch wenn der generelle Bewohner Istrayms dies vermutlich nicht weis, liegt dieses Land am Rande der Wandelnden Weiten. Es wird dringend empfohlen, die Lore der Fae vorab zu lesen => [Fae]
  • Die Bewohner Istrayms sind täglich mit Kreaturen konfrontiert, die sich “Spetta” nennen doch kaum ein Istraymer weis, dass es sich bei den Spetta um Faewesen handelt. Für Istraymer sind Spetta einfach eine Art von Tier, denen mit diversen Hausmittelchen (Masken, Eisenstaub, …) beigekommen werden kann. Wenn Charaktere sich tiefer mit den Spetta (=Fae) beschäftigen und diese Wesen als Vertraute oder für sonstige Dinge möchten, ist hierfür ein eigener Antrag beim Staff nötig.
  • Masken machen einen Menschen gegenüber Spetta (=Fae) nicht unsichtbar, sie sorgen schlicht dafür, dass der Mensch “im Ersteindruck” von den Spetta als ihresgleichen, also als Fae, wahrgenommen wird. Während viele niedere Spetta deshalb eher mit geringem Interesse reagieren, kann die Situation von Begegnung zu Begegnung, von Spetta zu Spetta, unterschiedlich ausfallen. Vollkommener Schutz ist niemals garantiert.
  • Es steht frei, sich eine der vielen hohen Familien von Istraym auszudenken und diese zu bespielen, hierfür wird allerdings geraten, einen Namen und einen kurzen Familienschwerpunkt beim Staff einzureichen, damit dieser eingefügt werden kann. Sollte ein Charakter einer existierenden hohen Familie bespielt werden wollen, raten wir, mit den spielenden POs vorher Kontakt aufzunehmen (zum Beispiel über das Forum).
  • Menschen aus Istraym sind normale Menschen. Sie haben keine Sonderfähigkeiten und bekommen keine besonderen Items bei der Charaktererstellung. Um Bräuche wie z.B. das Tragen von Masken auszuspielen, wird empfohlen, sich so bald wie möglich eine Maske Ingame zu besorgen.
  • Vor- und Nachnamen sind in Istraym sehr oft an die italienische Sprache angelehnt. Das bedeutet allerdings nicht, dass im Spiel italienische Wörter benutzt werden.

Einleitung

Istraym, ein Stadtstaat mit recht hoher Bevölkerungsdichte relativ zu seiner Fläche, wurde vor vielen hundert Jahren gegründet. Beherrscht wird dieses Land von dem Patron, auch wenn seine Position eher zeremoniell anzusehen ist - nur in den seltensten Fällen wurde je ein Befehl ausgesprochen oder ein Gesetz erlassen. Kaum jemand würde den Status des Patrons in Frage stellen, er ist entrückt von der sozialen Hierarchie der Stadt, seine wundersame Macht ist das Herz des Landes und Existenzgrund zugleich. Die wahren Ränkespiele finden zwischen den hohen Familien von Istraym statt, Sippen, die sich aus eigener Kraft in einen adelsartigen Stand erhoben haben. Hier in Istraym liegen prunkvolle Bälle und aufgeschlitzte Kehlen nur zu nah beieinander. Wundersame, gefährliche Kreaturen wandern durch die Gassen und Kinder beobachten Duelle im Morgengrauen.

Die Entstehung Istrayms

Alten Geschichten zufolge, vor vielen hundert Jahren, erlitten die Passagiere einer besonders großen Galeone, der “Patron”, Schiffbruch in jenen trügerischen Fluten, die auch heute noch den Stadtstaat umgeben. Verzweifelt fischten die Gestrandeten auf den Felsen vor der Steilküste nach Kisten voller Habseligkeiten und Proviant. Niemand wusste, ob Rettung jemals kommen würde, denn ein endlos wirkender Nebel schien sie vor den Augen der Außenwelt zu verbergen.

Doch ein Mann, der einstige Kapitän, wollte sich auch nach dem Verlust seines Schiffes nicht geschlagen geben. Er begann mit flammenden Reden Mut zu entfachen, schlug Ideen vor, Pläne um zu überleben. Schutz und Unterstände aus gefundenen Planken, Fisch und Algen als Nahrung, und schließlich fand er gar auf einem Floß einen Weg durch die trügerischen Strömungen, die diesen Ort umgaben. Viele Versionen dieser Geschichte existieren, in manchen nahm der Kapitän den Namen seines einstigen Schiffes an und wurde zum Patron, in anderen Legenden schloss er einen Pakt mit den ansässigen Wesen, den Spetta, um sich deren Geheimnisse einflüstern zu lassen. In all jenen Erzählungen jedoch ist bereits von der “Gunst des Patrons” die Rede, ein Phänomen, das auf wundersame Weise jedes noch so waghalsige Unterfangen gelingen ließ, und von den Masken, welche es ermöglichten mit den Spetta zu koexistieren.

Der “Gunst des Patrons” sei es auch zu verdanken, dass jene Personen sich einst entschlossen, diesen gefundenen Ort zu besiedeln. Dank des sagenumwobenen, an diese Stätte gebundenen Effekts, war Glück hier nahezu greifbar. Ein unschätzbarer Wert für jeden Kaufmann, jeden Handwerker oder Schatzsucher. Die Ehre, den Namen dieses Ortes - Istraym - festzulegen, sollte dem Kapitän, dem Patron, zufallen, als Dank für all seine Taten. Ein riesiger Grenzkreis, in manchen Geschichten aus Asche und Gestein, in Anderen ein Ring aus Eisen, geschmiedet vom Patron selbst, wurde um Istraym gelegt, um somit offiziell ein neues Reich zu gründen.

Doch, wie so oft, kennt das Herz der Menschen zu viel Gier und Habsucht. Die Etablierung Istrayms war nicht einfach, kämpften doch alte Siedler und Neuankömmlinge von verschiedensten Orten schon bald um Vorherrschaft. Es waren jene blutigen Jahre, in denen die “Gunst des Patrons” immer öfter in diversen Chroniken erwähnt wurde, oftmals als ausschlaggebender Faktor für den Erfolg eines gefährlichen Unterfangens. Auch hier finden sich in den Aufzeichnungen Unstimmigkeiten: Manche berichten, dass der Kapitän sich ins Zentrum von Istraym zurück zog. In anderen Geschichten taucht der Patron hier erstmals auf, emporgestiegen aus Höhlen, die an der Steilküste freigelegt wurden. Selbst unter den besten Historikern der Staubsucher finden sich selten deckungsgleiche Versionen der Entstehungsgeschichte, einig ist man sich jedoch in einem Punkt: Der Patron bezog ein Domizil im Herzen der Stadt und machte keinerlei Anstalten die brutalen Kämpfe um die Herrschaft Istrayms zu unterbinden. Stattdessen kamen die Kämpfenden, nach vielen Jahren und schweren Verlusten, selbst zu dem Schluss, dass nicht allen von ihnen das Glück stets hold war. Manche Leute schienen es einfacher im Leben, in der Liebe, im Kampf zu haben als Andere - und auch wer heute noch Glück hatte, konnte es im nächsten Wochenlauf verlieren. Erste Verbindungen wurden hergestellt zwischen der Helligkeit der jeweiligen Augenfarbe und der Gunst des Patrons. Ab diesem Zeitpunkt der Geschichte ist in manchen dunklen Kapiteln auch die Rede von Angriffen auf das Schloss des Patrons, vermutlich um seine Gunst zu erzwingen, doch gerade diese Überlieferungen glänzen meist durch ihre Unvollständigkeit. Kamen manche ansässige Personen dem Patron zu Hilfe, den Vorfahren einiger der heutigen hohen Familien? Kam es zu einem Aufstand der Spetta, einer ungestümen Macht von Kreaturen, denen die Menschen von Istraym nichts entgegenzusetzen hatten?

Klar ist nur, dass über viele Jahrzehnte hinweg eine gefährliche Balance entstand. Manche Sippen kristallisierten sich als besonders Einflussreich heraus, Clans mit Reihen von “Gesehenen” - Personen mit besonders hellen Augen. Diese hohen Familien schalten und walten noch heute in der Stadt, schließen Bündnisse untereinander, führen Fehden, unterhalten eigene Wachkommandos. An ihre Seite gesellten sich die Gilden von Istraym, ein System neutraler Bündnisse, welches sich in diversen Bereichen dem Dienst am Reich selbst verschrieben hat.

Der Patron selbst residiert weiterhin im Zentrum der Stadt. Alle paar Jahrzehnte hinweg mag wohl, nach dem Ableben des Alten, ein neuer Patron aus den Rängen der höchsten “Gesehenen” gewählt werden. Und auch wenn der Patron weiterhin kein einziges Gesetz erlassen hat, keinen einzigen Befehl sprach, so ist es doch seine Gunst, auf die ganz Istraym sich stützt.

Geografie und Klima

Istraym liegt an einer Schwelle zwischen den Gezeiten. Etwa die Hälfte der Stadt ist in eine stabile Steilküste gearbeitet, teilweise erstrecken sich die dortigen Häuser in den Fels hinein, Straßen sind durch ein Netzwerk aus Tunneln verbunden. Vom Gestein aus ergießt sich der Rest des Stadtstaats über das Meer, erbaut auf einer schier endlosen Konstruktion aus Stegen, Plattformen und aufgeschütteten kleinen Inseln. Wenn ein Vorankommen zu Fuß, über Laufwege, Brücken oder Planken nicht möglich ist, sorgen Gondeln und Boote für den sicheren Transport von Waren und Personen.

Eine Reihe von niedrigen Mauern, wohl eine schlaue Konstruktion zum Brechen von Sturmwellen, umgibt die Stadt. Eine Wehrmauer ist nirgendwo zu sehen, viel mehr verlässt sich Istraym auf Schutz aus einer Kombination tückischer Strömungen, scharfkantiger Riffe und einem nahezu immer präsentem Nebel, der die umliegenden Gewässer verhüllt. Die sicheren Meereswege in die Stadt hinein sind ein wohlgehütetes Geheimnis der Navigatoren des Istraymer Hafens, auch wenn fünf große Leuchttürme zumindest behelfsmäßige Anhaltspunkte darstellen.

Aufgrund des umliegenden Nebels, der gerne auch einmal in die Gassen der Stadt kriecht, und dem Überhang der Steilküste ist direkter Sonnenschein ein seltener Gast in Istraym. Viel öfter herrscht unter Tags eine Art geisterhaftes Zwielicht, das nur zu schnell wieder von den Schwingen der Nacht abgelöst wird. Natürliche Vegetation ist aus diesem Grund recht rar, stattdessen sorgen manche Vereinigungen der Stadt für entsprechende Begrünung. Durch die große Dauer der Dunkelheit und den nahen Fels bekommt es hier im Sommer selten mehr als 25 Grad, während die Winter lange und kalt ausfallen.

Istraym ist recht grob in fünf Bezirke unterteilt, wobei die Bezirksgrenzen an manchen Orten durch tatsächliche Mauern fixiert wurden, an anderen Positionen erfolgten stattdessen eher grobe Markierungen an Gebäuden. Im Zentrum der Stadt liegt eine einzelne, perfekt gerundete Insel, auf welcher ein schlossartiges Anwesen thront: Feluwerth, das Domizil des Patrons. Fünf Brücken, eine für jeden Bezirk, verankern diesen Knotenpunkt im Mittelpunkt von Istraym.

Die fünf Bezirke

Uchence

Dieses Viertel im Rücken von Istraym, auf der Schräge der ausgehöhlten Steilküste, ist Heimat der meisten Handwerker, seien es Tischler, Glasbläser oder die berühmten Maskenmacher. Obwohl die Wohnverhältnisse eher einfach gestrickt sind und oft von den Arbeitern diverser Werkstätten genutzt werden, hat Uchence einen ganz eigenen Stolz und ein Ansehen, dass aus der schöpferischen Kraft vieler fleißiger Hände geboren ist. Charakteristisch für diesen Bezirk sind die vielen winzigen, fast schon aufeinander gestapelten Läden und Verkaufsorte, sowie die von Treppen durchzogenen Gässchen. Es reiht sich Tür an Tür, während die tatsächlichen Lager, Schauräume und Ateliers sich oftmals in den Stein der Felsküste öffnen und somit Innenräume bilden, die weitaus größer sind, als man es von außen erwarten hätte können.

Die Spetta in Uchence geben sich besonders viel Mühe mit ihrer Umgebung zu verschmelzen, um in endlosen Prozessionen die Gassen zu bevölkern. Manche dieser Wesen dienen den Handwerkern gar als Musen und Inspirations-Objekte, doch die besonders engen Gassen dieses Stadtteils stellen bei der Gefahr eines aggressiven Spetta oftmals ein Problem dar.

Stria

Wer Funktion und Stabilität will, wird in Uchence fündig - doch Gedichte, Musik, gutes Essen, Pracht und Prunk sind in Stria zuhause. Kein Wunder also, dass der im Vergleich recht kleine Bezirk vor allem bei denen Anklang findet, die ein wenig zu viel Geld in der Tasche haben. Zudem treibt es hier auch oft Gelehrte und Wissenssuchende hin, denn allerlei Artefakte sind hier zu finden und zu bestaunen. Gleich zwei prominente Gilden, die Staubsucher und der Karneval, haben in diesem Viertel ihr Hauptquartier. Stria wird gerne auch als Vorort der hohen Familien bezeichnet, die Mitglieder jener Häuser sind nur zu oft hier in ihren besten Gewändern am flanieren. Eine andere Seite dieses Bezirks wird von den Justiziaren, Anwälten und Historikern verkörpert, die ebenfalls meistens in Stria bereitstehen. Hier werden Verträge ausgestellt und Bündnisse zwischen Familien geschmiedet, Abkommen geprüft und selbst Handschläge von einer dritten, qualifizierten Person abgenickt. So bildet Stria eine seltsame Dualität zwischen chaotischer Kreativität und ehrlicher Ordnung.

Es war hier, in den Museen und Galerien von Stria, dass erstmals die Theorie aufgestellt wurde, Spetta seien durch künstlerisches Talent zu besänftigen und bei Laune zu halten. Ob Wahrheit oder purer Aberglaube - tatsächlich sind hier wohl die wenigsten Unfälle mit diversen Spetta zu verzeichnen.

Favine

Trotz des ständig präsenten Nebelzwielichts von Istraym ist die Stadt überraschend gut begrünt. Favine, der größte der fünf Bezirke, repräsentiert hier ein besonderes Extrembeispiel, ein Ort voller Gewächshäuser, kunstvoller Glasgebäude und gepflegten Gartenanlagen. Kaum ein Halm in diesem Land ist jedoch natürlich gewachsen, selbst ein scheinbar wilder Wuchs ist akribisch geplant und in Szene gesetzt. Die Gildengemeinschaft der Architekten, die ihre Hauptaufgabe in eben dieser Stadtbegrünung sieht, hat in diesem Bezirk ihren Hauptsitz; ein wundersames Gebäude, das scheinbar zum Teil natürlich aus Bäumen gewachsen ist. Doch Favine steht nicht nur für die Schönheit der Natur. Der Hauptteil von Obst und Gemüse, welches auf Istraymer Tellern landet, wird in diesem Bezirk angebaut und auch Stallungen für Hühner und anderes Nutztier sind in den Außenbereichen von Favine zu finden - wenn auch, einfach aufgrund des benötigten Platzes, eher selten. Interessanterweise finden sich hier in Favine eine besonders große Anzahl von unterschiedlichen Spetta, was die dortigen Bewohner und Arbeiter oft zu wahren Spezialisten im Umgang mit diesen Wesenheiten macht. Ein Glück, denn dem Volksmund nach zieht Favine, gerade in seinen freieren Bereichen, besonders mysteriöse und oft gefährliche Spetta an.

Ephento

Ephento ist nicht einfach nur ein Bezirk - wenn eine Familie es schafft, sich in Ephento Land zu sichern und dort ein Anwesen zu erbauen, dann zählt sie damit offiziell zu den hohen Familien. “Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied”, ein Rang ist in Istraym niemals in Stein gemeißelt. Für die hohen Familien gilt dies umso mehr. Die Art und Weise, wie man sich einen Platz in Ephento sichert, scheint dabei kaum von Belang. Egal ob brutale Übernahme oder geschicktes Manövrieren von Verträgen, jede der hohen Familien hatte eine eigene, gewinnbringende Strategie. So reiht sich hier Anwesen an Anwesen, umgeben von wundervoll gepflegten Straßen und, viel wichtiger, meterhohen Mauern und Zäunen aus kalt geschmiedetem Eisen. Jene, die an der Spitze des Landes residieren, sind sich nur zu bewusst, wie tief ein Fall sein kann - auch in der Vergangenheit musste schon die eine oder andere Familie das Viertel wieder verlassen.

Es gibt überraschend wenige Spetta in Ephento, was vielleicht mit der imposanten Autorität des Viertels zu tun hat. Egal ob Spetta oder Außenstehende, auf dem Land einer hohen Familie sind nur zwei Arten von Besuchern zu finden: geladene Gäste oder eindringender Todfeind. Somit bleibt den umher wandernden Spetta schlicht der Platz zwischen den Schlossvillen, auf den sauberen Kopfstein-Straßen des Viertels - eine Umgebung, die diese Kreaturen womöglich als langweilig empfinden. Eine Ausnahme bilden hier jene Nächte, an denen in einem der vielen Anwesen zum Ball geladen wird (zugegeben: dies trifft auf eine große Anzahl an Nächten zu). Wo die Scharen von Istraym hinstromern, da sind die Spetta nie weit entfernt.

Yham

Yham, der äußere Ring des Stadtstaates, erstreckt sich in einem schmalen Halbkreis um fast ganz Istraym - nur an einer Stelle unterbrochen von den Gärten Favines. Yham ist wohl der abwechslungsreichste Bezirk und bietet sowohl eine traumhafte Lagune und malerische Promenaden, als auch versiffte Hafenspelunken und Hinterzimmer, in denen Schläger darauf warten, angeheuert zu werden. Alle Waren die in Istraym ankommen, oder die Stadt verlassen, müssen wohl oder übel durch Yham um den dortigen Hafen zu erreichen - der perfekte Ort, für das ein oder andere krumme Spielchen. Wer seine Goldstücke lose am Gürtel trägt, sollte hier vorsichtig sein. An besagtem Hafen findet sich auch das Quartier der Gilde Nautilus, für Seefahrer und Navigatoren, deren Aufgabe es ist, die fünf Leuchttürme von Istraym in Stand zu halten. Diese Leuchttürme sind in regelmäßigen Abständen in Yham, rund um Istraym, aufgestellt. Wie die Anzahl vielleicht vermuten lässt, steht jeder Leuchtturm für einen Bezirk - was sich auch in der Farbe des jeweiligen Feuers widerspiegelt. Yham stellt, vielleicht verwunderlicherweise, den historisch ältesten Teil der Stadt dar. Der Legende nach wurde bei Gründung der Stadt ein breiter Kreis gezogen, über das Wasser hinaus, von Stein zu Stein, um die Grenze des Landes zu markieren. Von dieser Grenze aus wurde nach innen gebaut. Spetta von Yham sind vor allem in den dunkleren Ecken zu finden, im seichten Wasser der Lagunen oder unter Brücken. Auch wenn nicht alle von ihnen gefährlich sind, spiegeln sie doch oft die Atmosphäre dieses Bezirks.

Feluwerth, das Herz von Istraym